Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

30 Unterdrückung Preußens. 
verabscheute die Fremdherrschaft, aber Braunschweiger und 
Kurhessen, Hannoveraner und Altmärker blieben gesondert 
für sich. Bei der Masse des Volkes faßte sich das Gefühl 
in dem Herzensdrange zusammen, die Franzosen zu verjagen, 
und dann ein Jeder unter dem angestammten Herrscher ein 
ruhiges Leben nach der Väter Brauch zu führen. Fremdenhaß 
und Kirchthurm-Patriotismus gingen hier in einander über. 
Deutschlands Herstellung hing in jedem Sinne von 
Osterreich und Preußen ab. Alles kam darauf an, wie 
diese Mächte sich zu der großen Aufgabe stellen würden. 
Das materielle Elend und der Druck der Fremdherrschaft 
war in Preußen nicht geringer als im Westen der Elbe: das 
Land war verwüstet und verarmt, mit unerschwinglichen Kriegs- 
contributionen belastet, bis zu deren Abzahlung durch franzö- 
sische Garnisonen gefesselt. Dazu kam der brennende sittliche 
Schmerz über den Sturz des militärischen Ruhmes und die 
Auslöschung einer großen Vergangenheit; alle Herzen erfüllte 
die Trauer, daß die Schöpfung Friedrich's des Großen ge- 
fallen, und die Ehre des preußischen Namens geschändet sei. 
Aber während in Westfalen unter der fremden Regierung der 
patriotische Grimm sich nur in ohnmächtigen Tumulten ent- 
laden konnte, in Sachsen König und Volk sich als Genossen 
des großen Napoleon fühlten, und in den thüringer Zwerg- 
staaten jede selbständige Erhebung undenkbar war, gab es in 
Preußen noch ein angestammtes Königthum über vier bis fünf 
Millionen Einwohner; es gab eine Regierung, welcher trotz 
aller französischen Aufsicht die Möglichkeit blieb, der auf- 
strebenden Gesinnung ihres Volkes den lebendigen Mittelpunkt, 
die Waffen zur Erhebung und die großen Ziele des Kampfes 
zu geben. Ein gnädiges Schicksal hatte damals dem tief-
	        
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