Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

34 Deutsches Nationalgefühl. 
gegangen, und mit ihm Preußen in den Abgrund gerissen 
worden. Man wußte, daß die wilden Gedanken des Er- 
oberers fort und fort um die gänzliche Vernichtung Preußens 
umherflogen: wenn dies geschah, so war im Osten wie im 
Westen der Elbe nicht bloß die politische Unabhängigkeit, 
sondern auch alles deutsche Geistesleben, deutsche Sprache 
und Sitte, deutsche Kunst und Wissenschaft der Verwälschung 
und Vernichtung überliefert. Diese tödtliche Bedrohung aber 
erfuhr man zu einer Zeit, in der man soeben erst zu Kant 
und Schiller emporgesehen, Goethe's weltgeschichtliches Meister- 
werk, den Faust, bewundert, Alexander von Humboldt's kos- 
mologische Studien und Niebuhr's römische Geschichte als 
Epoche machend für die Wissenschaft Europas erkannt hatte. 
Hier in den Thaten des deutschen Geistes fühlte man sich 
dem Weltüberwinder und dessen großer Nation überlegen, 
und hier fiel Preußens Staatsinteresse mit der Rettung des 
deutschen Volksthums vollständig zusammen. Schleiermacher's 
patriotische Predigten, Fichte's packende Reden an die deutsche 
Nation, Humboldt's glorreiche Stiftung der Berliner Uni- 
versität, dienten ebenso der Steigerung der preußischen Wehr- 
kraft, wie Scharnhorst's Krümper und Landwehren dem 
Schutze deutscher Ehre und deutscher Eigenart geweiht waren. 
Jeder wußte, daß das deutsche Volksthum verloren sei, wenn 
Preußen ihm nicht Schutz und Schirm bringe, und jeder 
wußte, daß es für Preußen keine Sicherheit gebe, wenn nicht 
ganz Deutschland frei werde. Es war eine besondere Fügung, 
welch' eine Menge der thatkräftigsten Männer aus allen 
deutschen Gauen auf dem alten Colonistenboden damals wie 
im Mittelalter sich zusammenfanden: Stein selbst und sein 
späterer Nachfolger Hardenberg, unter den Feldherren Scharn-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.