42 Preußische Gedanken über das deutsche Reich.
weder Preußens Wunsch auf Erwerbungen westlich der Elbe,
noch Preußens Dringen auf ein wirksames deutsches Reichs-
regiment. Er war also völlig bereit, Osterreichs Widerspruch
gegen die deutsche Einheit nachdrücklich zu unterstützen. Auf
der andern Seite genoß Stein zwar eines großen persönlichen
Ansehens, hatte aber damals keine amtliche Stellung, die ihm
eine dauernde Einwirkung gestattet hätte, Hardenberg aber
gab, überhaupt mehr preußisch als deutsch gesinnt, in blindem
Zutrauen dem österreichischen Minister die wichtigsten Posi-
tionen fast ohne Widerstand Preis. So ertheilte er ihm die
Vollmacht, mit den süddeutschen Rheinbundstaaten Allianz-
verträge auf der Grundlage voller Unabhängigkeit — wie er
meinte, von Napoleon — abzuschließen, und war dann freilich
entsetzt, als Metternich daraufhin fast allen Rheinbundfürsten
unter wirkungslosen Vorbehalten auch für die Zukunft unbe-
schränkte Souveränität und den bisherigen Gebietsumfang
gewährleistete und schon damit jede deutsche Reichsverfassung,
welche den Namen verdient hätte, unmöglich machte.
Allerdings kann man fragen, welches Reichsregiment
wäre denn, auch abgesehen von Bayern und den übrigen
Mittelstaaten, möglich gewesen, wenn unter den Mitgliedern
des Reiches sich zwei europäische Großmächte befanden, deren
jede, auch nach Hardenberg's Meinung, volle Selbständigkeit
bewahren sollte? Von 1812—1815 strengten Stein und
Hardenberg sich an, in stets neugestalteten Entwürfen diese
Quadratur des Zirkels zu Stande zu bringen. Wir wollen
ihren immer gleich hoffnungslosen Variationen im Einzelnen
nicht nachgehen; schließlich faßten Preußens Anträge sich in
folgenden Grundgedanken zusammen. Das Reich zerfiele in
sieben Kreise, je zwei unter der Leitung Österreichs und