Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

46 Die Bundesacte. 
abwiesen. Hienach erklärte dann Osterreich mit großem Be— 
dauern ihre Unausführbarkeit. Als ihm endlich die Stunde 
gekommen schien, legte Metternich, unter Beseitigung aller 
preußischen Wünsche, einen Entwurf des Herrn v. Wessen- 
berg vor, welcher das System eines völkerrechtlichen Staaten- 
bundes unabhängiger und gleichberechtigter Souveräne, unter 
Osterreichs leitendem Präsidium, unverhohlen entwickelte. Die 
Mittelstaaten setzten darin noch eine Anzahl verbessernder 
oder verwässernder Anderungen durch, und so erhielt diese 
Urkunde die Sanction als deutsche Bundesacte. 
Dies inhaltleere Ergebniß wurde von dem deutschen 
Volke theils mit kalter Gleichgültigkeit, theils mit patriotischer 
Entrüstung ausgenommen. Auch die Mehrzahl der deutschen 
Regierungen war wenig damit zufrieden. Es war das Beste, 
sagte Mecklenburg, was unter den gegebenen Umständen zu 
erlangen war. Immer besser, seufzte Hardenberg, ein solcher 
Bund, als gar keiner. Die Bundesacte, erklärte einige Jahre 
später der preußische Minister, Graf Bernstorff, war der un- 
reife Abschluß einer übereilten Unterhandlung. 
Um so größer war die Genugthuung in der Wiener 
Hofburg. Metternich hatte auf allen Punkten gesiegt. Dem 
unbedachtsamen Hardenberg hatte er seine diplomatische Über- 
legenheit gründlich dargethan, und was er für Osterreich 
gewollt hatte, vollständig durchgesetzt. 
Eine andere Frage ist es, ob er das für Ssterreich und 
Deutschland Richtige gewollt, ob er nicht bloß ein kunstreicher 
Diplomat, sondern auch ein einsichtiger Staatsmann gewesen ist. 
Wenn Hardenberg“s deutscher Verfassungsplan verwirklicht 
wurde, so hatte in der entscheidenden Reichsbehörde, dem 
Directorium der fünf Kreisobersten, Osterreich die sichere
	        
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