Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

50 Verhältniß zum Auslande. 
schleppend. Jede Sache ging zur Vorberathung an einen 
Ausschuß; nach dessen Bericht hatten die Gesandten die In- 
struction ihrer Höfe einzuholen; über dieselbe hatten in jeder 
der sechs letzten Curien zwei, vier, sechs Regierungen sich zu 
verständigen, worüber oft Monate vergingen; war die ganze 
Sache einer Regierung lästig, so ließ sie ihren Gesandten 
unendlich lange ohne Instruction; sollte schließlich zur Ab- 
stimmung geschritten werden, so erschienen neue Vorstellungen 
und Einwände, neue Instructionen wurden nöthig, oder die 
Sache ging wieder an den Ausschuß zurück und wurde dann 
nicht selten Jahre lang in dessen Acten begraben. Noth- 
gedrungen trat sehr häufig an die Stelle sachlicher Berathung 
im Bundestage diplomatische Bearbeitung der kleinen Höfe 
durch die großen, und wo Preußen und Osterreich gleiches 
Ziel verfolgten, wagte sich nur in seltenen Fällen ein Wider- 
spruch hervor. Wie in der alten Zeit entschied also nicht 
das Verfassungsrecht, sondern das Verhalten der Wiener und 
Berliner Politik über Deutschlands Geschicke. 
Was die Stellung Deutschlands zum Auslande betraf, 
so waren die Bestimmungen der Bundesacte darüber nicht 
weniger ungenügend als über das innere Staatsrecht. Jeder 
Souverän war berechtigt, stehende Gesandtschaften zu halten 
und zu empfangen; er durfte auch mit nichtdeutschen Re- 
gierungen Bündnisse jeder Art unter der einzigen Beschränkung 
abschließen, daß dieselben nicht gegen die Sicherheit Deutsch- 
lands gerichtet seien. Sogar der Soldatenhandel des vorigen 
Jahrhunderts wäre durch eine solche Bestimmung nicht aus- 
geschlossen gewesen. Diese Befugniß der Particularstaaten 
war um so mißlicher, als drei fremde Könige Mitglieder des 
Bundes waren, England für Hannover, Niederland für Luxem-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.