Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

62 Die Bundeskriegsverfassung. 
wärtigt; beobachten wir nun, was für die Sicherheit nach 
Außen geschah. Seit 1816 hatten die beiden Großmächte 
Anträge auf die Beschließung einer wirksamen Bundeskriegs- 
verfassung gestellt. Für eine solche „organische“ oder bleibende 
Einrichtung war Einstimmigkeit der Beschlüsse erforderlich: 
Preußen betrieb die Sache mit großem Nachdruck, Osterreich 
mit sichtbarer Schlaffheit, die übrigen Staaten mit kaum ver- 
hehltem Widerwillen, und leider ist hier zu bekennen, daß 
deren Regierungen in vielen Fällen dabei des herzlichen Ein- 
verständnisses ihrer Kammern sicher waren. Für ein stehendes 
Heer wollte niemand höhere Kosten und Lasten auf sich nehmen; 
die Regierungen sträubten sich, die Bundesgewalt an den 
höchsten Schmuck der Kronen, die Militärhoheit, rühren zu 
lassen; bei vielen Liberalen aber galt die Linientruppe als 
das gefährlichste Werkzeug des Despotismus. Auch herrschte 
die Überzeugung, daß nach Napoleon's Sturz auf lange Zeit 
der Friede gesichert sei, und im Nothfall hätte man ja die 
großen Armeen Osterreichs und Preußen, die schon aus eignem 
Interesse für die Vertheidigung der übrigen Staaten sorgen 
müßten. Bei dieser Gesinnung der Mittel= und Kleinstaaten 
zogen sich die Verhandlungen durch fünf Jahre hin, bis 
endlich eine provisorische Kriegsverfassung zu Stande kam, 
als ein leuchtendes Denkmal des Satzes, daß die stärkste 
Stellung die des Verneinenden ist. Es sollte hienach das 
Bundesheer aus den Contingenten der Einzelstaaten bestehen, 
gruppirt in zehn Armeecorps von je rund 30000 Mann, je 
drei von Osterreich und Preußen, das siebente von Bayern 
zu stellen, während in die drei letzten die Contingente der 
übrigen Mittel- und Kleinstaaten zusammengeschoben würden. 
Die Quantität dieser Rüstung (ein Prozent der Bevölkerung)
	        
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