Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

64 Die Verfassungsfrage in Preußen. 
Fürst Metternich hatte diese unliebsamen Dinge, die er 
nicht hindern konnte, gehen lassen. Man darf wohl ver- 
muthen, daß ihm selbst eine straffere Bundesverfassung, die 
ihn genöthigt hätte, 90 000 Mann für einen, vielleicht preußi- 
schen Bundesfeldherrn jederzeit verfügbar zu halten, wenig 
genehm gewesen wäre. Denn noch mehr als in Preußen 
drückte hier die Finanznoth, so daß der Friedensstand des 
Heers bei doppelter Bevölkerung kaum stärker als der preußische 
war. Um so mehr war Metternich darauf bedacht, auf dem 
in Teplitz und Karlsbad gelegten Grunde weiter zu bauen, 
und damit die preußische Politik in der Abhängigkeit von der 
Hofburg festzuhalten. 
Trotz der Vereitlung seiner Wünsche hinsichtlich der 
innern deutschen Politik und der führenden Stellung Preußens 
auf den letzten Wiener Conferenzen hoffte er auf eine günstige 
Wendung der politischen Verhältnisse in Berlin selbst, welche 
den Hohenzollernstaat wieder unter die Flügel des kaiserlichen 
Doppeladlers zurückführen würde. 
Er hatte Grund dazu. Auch für uns verlohnt es sich, 
der damaligen Abwandlung der preußischen Politik etwas 
näher zu treten, da die hier wirksamen Elemente für die 
weitere Entwicklung der deutschen Gesammtverfassung eine 
große Bedeutung gewonnen haben. 
Während Graf Bernstorff in Wien sich anstrengte, die 
künftige preußische Verfassung vor jedem Eingriff der Bundes- 
gewalt zu sichern, begann in Berlin der König über die Aus- 
führung des Gesetzes vom 22. Mai zweifelhaft zu werden. 
Noch am 17. Januar 1820 hatte er das von Hardenberg 
zum Abschluß gebrachte Gesetz über Steuerreform und Staats- 
schulden und darin die Bestimmung unterzeichnet, daß künftig
	        
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