Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

Neue Verfassungen in vier norddeutschen Staaten. 75 
geängstigt, welche die Zollhäuser niederrissen und dann die 
verhaßten Beamten der Psenburger Standesherrschaft ver- 
jagten: der Bundestag bot Truppen der nächsten Kleinstaaten 
dagegen auf, welche aber bei ihrer Ankunft nicht viel mehr 
zu thun fanden, da die durch die Banden beunruhigten Dörfer 
die Meuterer oft selbst verhafteten. Ernster nahmen sich die 
Vorgänge in Braunschweig aus. Herzog Karl, einer der 
nichtsnutzigsten Fürsten der Zeit, wurde bei der Rückfahrt 
aus dem Theater mit Steinwürfen verfolgt, und floh darauf 
aus dem Lande; sein Schloß wurde im Fortgang des Tumultes 
von dem Pöbel in Brand gesteckt. Als dann aber sein Bruder 
Wilhelm die Regierung übernahm und mit den Landständen 
eine neue Verfassung zu vereinbaren verhieß, stellte sich die 
Ruhe im ganzen Lande vollständig wieder her. Das benach- 
barte Hannover wurde durch einen Putsch der Göttinger 
Studenten alarmirt, der sich jedoch bei dem Anrücken einer 
kleiner Truppencolonne in Wohlgefallen auflöste, immerhin 
aber dem Könige Veranlassung gab, die Landstände zur Aus- 
arbeitung einer neuen Verfassung moderneres Styles zu- 
sammentreten zu lassen. Im Königreich Sachsen begannen 
meuterische Bewegungen in Dresden und Leipzig; die Bürger- 
schaften beider Städte bewaffneten sich, unterdrückten die 
Pöbelexcesse, nahmen aber die Forderung einer liberalen Ver- 
fassung selbst in die Hand. Darauf trat der alte König die 
Regierung seinem Thronfolger als Mitregenten ab, und dieser 
beeilte sich, den populären Wünschen Erfüllung zu versprechen. 
Einige Gährung blieb dann noch hier und da im Lande sicht- 
bar, die Ordnung wurde aber nicht weiter gestört. Einen 
gleichen Verlauf mit ähnlichem Ergebniß nahmen die Dinge 
in Kurhessen. Gegenüber der drohenden Haltung einer großen
	        
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