Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

78 Annäherung der Südstaaten an Preußen. 
gesetzt worden war, Landschaften, die theils von Alters her 
unter dem Krummstab verkommen, theils durch die lange 
Kriegsnoth verelendet waren, Bewundernswerthes geleistet. 
Mit Recht hat man dies Jahrzehnt die classische Zeit des 
preußischen Beamtenstandes genannt. Alle Zweige des öffent- 
lichen Dienstes hatten ihre neue zweckmäßige Organisation 
erhalten; fast überall hatte man den rechten Mann für die 
rechte Stelle gefunden; überall hatte über den Trümmern 
der vergangenen Zeit ein frisch emporblühendes Leben be- 
gonnen. 
Vor Allem fand die Bevölkerung sich einig mit der 
Regierung in dem Wunsche auf Erhaltung des Friedens. 
Der König hatte gleich nach der Revolution den Entschluß 
ausgesprochen, in Frankreich keine Einmischung zu versuchen, 
in bestimmtem Gegensatz zu Osterreich und Rußland, welche 
einen solchen Kreuzzug zu Gunsten der Legitimität sehr gerne 
gesehen hätten. Als dann die Entwicklung der belgischen 
Wirren die Gefahr eines französischen Angriffs hervortreten 
ließ, erschienen in Berlin dringende Aufforderungen der süd- 
deutschen Höfe, unter preußischer Leitung feste Maaßregeln 
zu gemeinsamer Abwehr des drohenden Unheils zu ergreifen. 
Bayern und Württemberg rüsteten mit Eifer; die übrigen 
Staaten des achten Bundescorps gedachten, dem König von 
Württemberg den Corpsbefehl zu übertragen; sie hofften, 
weit über das Maaß des Bundescontingents hinaus, in einigen 
Monaten 100000 Mann aufzustellen. Aber von einer An- 
lehnung an den Bundestag oder gar von der Ernennung 
eines Bundesfeldherrn wollten sie nichts wissen. Auch auf 
Osterreich blickten sie mit vollem Mißtrauen; es sei schlecht 
gerüstet, und wünsche dennoch Deutschlund in einen fran-
	        
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