4 Graf Brandenburg in Warschau. 1850
solche Rede darf ein Preuße nicht sanhören. In derselben
Weise sei die Verhandlung fortgeführt worden; auf das Tiefste
erschüttert und körperlich angegriffen, sei Brandenburg nach
Berlin zurückgekommen; gegen seine Überzeugung habe er sich
den friedfertigen Wünschen des Königs gefügt, sei dann aber
sogleich auf das Krankenlager gesunken, habe in den Fieber-
phantasien nach Helm und Schwert gerufen, und sei nach
wenigen Tagen an gebrochenem Herzen gestorben.
Diese Legende ist während eines Menschenalters unwider-
sprochen geblieben, obgleich ihr Hauptinhalt und ihre ganze
Tendenz in geradem Gegensatz zu den geschichtlichen That-
sachen steht: denn in Wahrheit ist es gerade Graf Branden-
burg, welcher der preußischen Politik im entscheidenden Zeit-
punkt die Wendung zu nachgiebigem Frieden gegeben hat.
Die Aufgabe des Grafen ging im Allgemeinen dahin,
den Kaiser Nikolaus von der Berechtigung der preußischen
Politik zu überzeugen, und damit Rußlands Billigung der
preußischen Vorschläge in der deutschen Verfassungsfrage zu
gewinnen. Eine ministerielle Denkschrift, welche er mitnahm,
erklärte in erster Linie die Unmöglichkeit für Preußen, die jetzt
in Frankfurk tagende Versammlung als deutschen Bundestag
anzuerkennen, da nach der Aufhebung desselben im Jahre 1848
seine Wiederberufung nur durch einstimmigen Beschluß aller
deutschen Regierungen hätte erfolgen können. Dieser Stand-
punkt sei absolut und unwiderruflich zu behaupten. Sodann
solle Brandenburg Preußens Forderung freier Conferenzen
zur Feststellung der künftigen Bundesverfassung anmelden,
und sofort die Hauptpunkte mittheilen, welche bei einer solchen
Verhandlung Preußen vorzuschlagen gedenke. Es waren
folgende sechs Sätze, deren wichtigste ganz mit jenem letzten.