Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

148 Dualismus im Bunde. 1851 
damals üblichen Verquickung von Politik und Kirchenthum 
warnte: ihr predigt damit, war sein Wort, die Menschen 
nicht in die Kirche herein, sondern aus der Kirche hinaus, 
und schadet dem Staate, indem ihr dem Volkle seine Religion 
verleidet. 
Den Widersachern Preußens im Bundestage war natürlich 
ein solcher Mann höchst unbequem, ein Mann, der alle Waffen 
der Polemik als Virtuose handhabte, keine Überhebung des Geg- 
ners ungerügt, keine Blöße unbenutzt ließ, und sehr bald den 
Ruf gewann, es sei gefährlich, mit ihm den Kampf aufzu- 
nehmen. Die correcten Diplomaten, und nicht bloß in Frank 
furt, klagten, daß er oft so burschikos auftrete, oder wunderten 
sich, daß er höchst unbefangen die Haltung des künftigen 
Ministers schon jetzt annehme. Anfangs zwar zeigte er sich 
den Collegen im Bundestage durchaus entgegenkommend und 
auf gutes Einvernehmen bedacht. Denn nicht als principieller 
Gegner Osterreichs war er nach Frankfurt gekommen; im 
Gegentheil, bei seinem ganzen bisherigen Verhalten war er 
stets von der Nothwendigkeit eines festen Zusammenhaltens 
von Preußen und Osterreich ausgegangen und hat auch später 
Alles gethan, um die deutsche Politik auf dieser Grundlage 
sicher zu stellen. Demnach bemühte er sich auch im Bundestage, 
jede etwa auftauchende Meinungsverschiedenheit durch vertrau- 
liches Benehmen mit dem Präsidialgesandten, Grafen Thun, aus- 
zugleichen, um nicht den kleinen Staaten das Schauspiel einer 
Spaltung zwischen den beiden Großmächten zu geben. Aber nur 
zu bald mußte er sich überzeugen, daß die wesentliche Voraussetz= 
ung dieses Strebens, die Gegenseitigkeit, fehle, daß an eine Aner- 
kennung der preußischen Gleichberechtigung durch Ssterreich nicht 
zu denken und bei der Stellung der beiden Höfe zu den deutschen
	        
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