1854 Sendung des Generals von Heß nach Berlin. 191
zu befreien, erschien dem Grafen Buol immer gebieterischer.
Wie, wenn Preußen sich bestimmen ließe, in das angebotene
Bündniß die Vollmacht zu einer solchen Action für Osterreich
aufzunehmen, und auch in diesem Falle, wenn nicht eigene
Theilnahme am Kampfe, so doch wie im Mai 1851 die Be-
schützung der außerdeutschen Lande Osterreichs zuzusagen?
Man beschloß, den Versuch sofort zu machen. Der Kaiser
beantwortete den Brief seines erlauchten Oheims mit einem
ausführlichen Schreiben, worin er vor Allem seinen heißen
Wunsch auf die Erhaltung des Weltfriedens, und dann die
Überzeugung aussprach, daß es dazu kein besseres Mittel als
die vom Könige vorgeschlagene Defensiv-Allianz von ganz
Mitteleuropa gebe. Er werde also den Feldzeugmeister von
Heß nach Berlin senden, um die innersten Gedanken und
Absichten Osterreichs für jede denkbare Eventualität mit voller
Offenheit dem Könige darzulegen.
„Es würde, sagte er dann, nach dem Abschlusse des
Bündnisses jeder Contrahent außerhalb des erwähnten Ver-
tragszweckes seine Freiheit der Bewegung behalten, und wenn
Osterreich die seinige dazu benutzen wollte, um gewisse tür-
kische Provinzen zu besetzen, so würde es, falls in Folge
dessen Rußland einen Angriff auf das österreichische Gebiet
richtete, auf den vollen Beistand des Bundes zählen können.
Es scheint mir von höchster Wichtigkeit, daß wir uns über
die Tragweite dieses Punktes vollkommen klar werden. Wenn
ich gleich fest entschlossen bin, meine bisher behauptete, freie
expectative Stellung einzuhalten, und mich von den West-
mächten aus derselben nicht drängen zu lassen, so kann ich
leider die gräßliche Eventualität nicht ausschließen, wo ich
durch rücksichtsloses Vorgehen Rußlands gezwungen würde,