Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

202 Zerwürfnisse. 1854 
Ausgangspunkt einer allgemeinen Friedensverhandlung zu 
dienen. Also kein Gedanke an Mobilmachung; das Einzige, 
wozu der König sich entschloß, war die Erhöhung des Pferde- 
standes bei der Cavallerie und Artillerie auf die Kriegsstärke. 
Er selbst ließ Depeschen nach Paris und London abgehen, 
welche mit der Erklärung schlossen, cs seijetzt an den Seemächten, 
zu sagen, welche Kriegszwecke sie verfolgten, und welche Bedin- 
gungen für Stillstand und Frieden sie ihrerseits stellen würden. 
In denselben Tagen kam dann nach Paris und London 
auch die österreichische Anfrage, wie die Westmächte den 
russischen Vorschlag beurtheilten. Die Antwort zeigte sich, 
wie sie Graf Buol erwartet hatte. Sobald man in Paris 
den Inhalt der russischen Note vom 29. Juni erfahren hatte, 
war die Ansicht der Westmächte entschieden, daß die gebührende 
Erwiderung darauf der Abschluß eines Trutz= und Schutz- 
bündnisses mit dem Wiener Cabinet und folglich der Eintritt 
OÖsterreichs in den Krieg gegen Rußland sei. Der Entwurf 
zu einem solchen Vertrage wurde in Paris ausgearbeitet und 
in Wien sehr ernstlich erwogen. Da geschah aber das Un- 
erwartete. Nachdem Kaiser Nikolaus durch die letzte Note 
gezeigt hatte, daß er sich von Fremden keine Vorschriften 
geben lasse, befahl er gleich nachher aus allerhöchst eigener 
Erwägung „nach strategischen Gründen“ den Abzug seiner 
Truppen aus den Fürstenthümern hinter den Pruth, und 
nahm damit dem Grafen Buol den bisher aufgestellten 
Kriegsfall aus der Hand. Und nun kam die politische 
Tendenz der deutschen Mittel= und Kleinstaaten auf dem 
Bundestag in vollem Lichte zur Erscheinung. Die Mehrzahl 
der Regierungen war auch nach dem Tetschener Circular ohne 
jegliche Begeisterung für den beantragten Beitritt zum April-
	        
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