12 Graf Brandenburg in Warschau. 1850
Besetzung hessischen Landes zu respectiren und sich daher jeder
Angriffsbewegung zu enthalten. Alles lasse übrigens erkennen,
daß die hessische Sache für Preußens Gegner nur ein Mittel
sei, uns einem fremden Willen zu unterwerfen und damit
eine tiefe Niederlage zu bereiten. Mit derselben Entschieden-
heit wies Radowitz den Vorschlag Brandenburgs zurück,
gleichzeitig mit dem Bundestage gleiche Zwangsmaaßregeln
gegen Holstein zu verhängen; mit dem Bundestage könne
man keine, auch nur thatsächliche, Gemeinschaft pflegen.
An eben dem Tage, an welchem Radowitz diese Depesche
absandte, dem 25. October, erfolgte die Ankunft des Kaisers
Franz Joseph und des Fürsten Schwarzenberg in Warschau.
Kurz vorher hatte Schwarzenberg den preußischen Antrag
auf commissionelle Regelung der hessischen Sache abgelehnt,
und während er am 26. in Warschau die Friedensverhand-
lung begann, faßte der Bundestag in Frankfurt den Beschluß,
die Bayern in Hessen einrücken zu lassen, worauf dann aus
Berlin die entsprechenden Befehle an General Graf Gröben
abgingen. Man besprach sich also in Warschau, so zu sagen,
den Revolver in der Hand. In Wien wie in Frankfurt
waren die mittelstaatlichen Diplomaten in fieberhafter Auf-
regung und bestürmten die österreichischen Collegen, daß man
diesen hochmüthigen Preußen doch nicht die geringste Con-
cession machen werde: sie hatten immer noch die preußische
Kaiserwahl von 1810 vor Augen und drängten zum Kriege,
in der Hoffnung, mit russischer Hülfe dem preußischen Üüber-
gewicht ein für alle Male ein Ende zu machen. Fürst
Schwarzenberg theilte damals die Stimmung seiner süddeutschen
Freunde, blieb aber vorsichtiger in seiner Haltung, wohl
wissend, daß vor Allem er die Last des Kriegs zu tragen