Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

210 Zerwürfnisse. 1854 
zwischen Türken und Russen am Pruth zunächst die Oster- 
reicher und damit ganz Deutschland in den Krieg hineinziehen 
könnte. Indessen verminderte sich diese Kriegsgefahr thatsäch- 
lich mit jedem Tage, da die Tartarenpost sich sehr bald als 
eine freche Ente herausstellte, vielmehr Sebastopol mit helden- 
müthiger Ausdauer Widerstand leistete; so sammelten sich die 
Kräfte beider Parteien mehr und mehr um diesen Punkt, und 
von Kämpfen am Pruth war keine Rede. Demnach wiederholte 
Rußland in Berlin seine Außerung, sich auf die Defensive 
zu beschränken, ja ließ sogar die Neigung erkennen, unter 
gewissen Voraussetzungen die vier Punkte anzunehmen. Auch 
von Wien kamen mildere Erklärungen. Freilich sei man ver- 
pflichtet, die Annahme der vier Punkte im Nothfalle mit den 
Waffen zu erzwingen, sei im Ubrigen aber fern von jeder 
Angriffslust, und werde keine Abreden über den Kriegsfall 
mit andern Mächten ohne vorherige Mittheilung an Preußen 
und Deutschland eingehen (9. November). 
Mehrmals erkundigte sich darauf Herr von Manteuffel 
in den folgenden Wochen bei Graf Buol über dessen Be- 
ziechungen zu den Westmächten und erhielt lediglich die Aus- 
kunft, daß man die nähere Anwendung und Auslegung der 
vier Punkte erwäge. Unter diesen Umständen, wo sich Alles 
zum Frieden zu neigen schien, däuchte es dem Berliner Hofe 
ungefährlich, den Wünschen Osterreichs einen Schritt entgegen 
zu thun; am 26. November vereinbarte man demnach in Wien 
einen Zusatzartikel zum Aprilbündniß, welcher sogleich dann 
auch dem Bundestage zum Beitritt vorgelegt wurde. Darin 
erstreckte Preußen den im April zugesagten Schutz des öster- 
reichischen Gebietes auch auf die österreichischen Truppen in den 
Fürstenthümern, und beide Mächte erklärten, gemeinschaftlich
	        
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