1854 Sendung des Grafen Usedom nach London. 215
dessen neues Bündniß machte ihm doch auch die alte Sorge
vor der feindseligen Gesinnung der Westmächte doppelt drückend.
Bereits verlautete, daß zu den Conferenzen über den defini—
tiven Frieden Preußen nur dann zugelassen werden sollte,
wenn es der neuen Triple-Allianz beiträte. Dem Könige
aber erschien eine solche Ausschließung ebenso ehrenrührig,
wie nach Österreichs Benehmen der Beitritt zum Bündniß.
Er sann und sann, wie er Beides vermeide, und kam auf den
Gedanken, zwar den Wiener Vertrag seinerseits abzulehnen,
dafür aber den Westmächten ein besonderes preußisches Bündniß
anzubieten, ähnliches Inhalts wie die Acte vom 2. December,
und weiter zu versprechen, falls der Friede nicht zu Stande
komme, ein Heer an seiner Ostgrenze, Front gegen Rußland,
aufzustellen, dies Alles jedoch unter zwei Bedingungen, einmal
der Garantie, daß das Königreich Polen nicht durch eine
Revolution wieder hergestellt werde (denn der militärische
Zweck einer Insurgirung von Russisch-Polen, die Lahmlegung
der russischen Streitkräfte daselbst, werde schon durch jene
Aufstellung preußischer Heertheile erreicht), sodann einer Ga-
rantie gegen die Zumuthung fremder Truppendurchmärsche
durch preußisches oder deutsches Gebiet. Zunächst nach London
wollte er diese Vorschläge senden, und ersah sich dazu einen
Diplomaten liberaler Farbe, den Grafen Usedom. Ihn und
seine Aufträge empfahl er durch ein eigenhändiges Schreiben
vom 14. December der Königin Victoria: er ist, sagte er,
der Träger wichtiger Angelegenheiten, die ich in Ihre Hände
vertrauensvoll niederlege; als Weltmacht sowohl, wie als erste
protestantische Macht darf Großbritannien Preußen nicht
dem Schicksal überlassen, welches ihm zugedacht ist; Usedom's
Mission ist lediglich ein vertraulicher' Schritt gegenüber