Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1855 Tod des Kaisers Nikolaus. 225 
Aufgaben auch eine Erweiterung des russischen Machtgebietes 
als Nebenproduct herausfiel, so war damit nur bestätigt, daß 
denen, die dem Herrn dienen, alle Dinge zum Besten gereichen. 
Da der junge Kaiser Alexander II. bei seinem Regierungs- 
antritt die Politik durchaus im Sinne des Vaters fortzuführen 
erklärte, hatte der Thronwechsel zunächst nur die Folge, daß 
der Beginn der Conferenzen wegen der Nothwendigkeit neuer 
Vollmachten für den Fürsten Gortschakoff wieder um vier- 
zehn Tage verschoben wurde. In dieser Zeit gelangten die 
Verbündeten zum Einverständniß über die Entwicklung der 
beiden ersten unter den vier Punkten, die Stellung der Donau- 
fürstenthümer und die Freiheit der Donauschifffahrt. Nach- 
dem dann auch ein türkischer Bevollmächtigter eingetroffen, 
konnte endlich am 16. März die Berathung begonnen werden. 
Es zeigte sich sehr bald, daß ernstliche Schwierigkeiten bei 
jenen beiden Punkten nicht vorlagen, und in sechs Sitzungen 
erhielt eine Reihe von hierauf bezüglichen Artikeln die Zu- 
stimmuug aller Parteien. Anders aber verhielt es sich bei 
dem dritten Punkte, der Revision des Vertrages von 1841. 
Bereits wußte es jedermann, daß hier mehr als eine Ab- 
weichung der Meinungen bestand, und folglich an dieser 
Stelle die Entscheidung über Krieg und Frieden lag. 
Der Vertrag von 1841 bestimmte, daß in Friedenszeiten 
kein fremdes Kriegsschiff die Dardanellen passiren dürfe. Seit- 
dem aber hatte Rußland sich auf dem schwarzen Meerc eine 
der türkischen weit überlegene Flotte gebildet, und der wahre 
Zweck bei der Aufstellung des dritten Punktes war die Be- 
seitigung dieses russischen Ubergewichtes auf dem Pontus. 
Fürst Gortschakoff hatte am 7. Januar im Allgemeinen zu- 
gestimmt, aber mit großem Nachdruck den Vorbehalt gemacht, 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II. 15
	        
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