1856 Denkschrift des Ministers von Beust. 245
eine Denkschrift übersandte, eine Privatarbeit, wie er sagte,
worüber er ein vorläufiges Urtheil der Collegen erbat. Darin
führte er zunächst den revolutionären Charakter der Forde-
rungen aus, welche die deutsche Einheit durch feste Unter-
ordnung der Souveräne in Kriegswesen und Diplomatie unter
eine starke Centralgewalt bezwecken. Alle Bundesregierungen,
erklärte er, sollten sich zu einem Bundesbeschluß vereinigen,
keine solche Außerung mehr zu dulden. Die Grundlosigkeit
des Vorwurfs, der Bund leiste nichts für die äußere Sicher-
heit Deutschlands, habe sich 1830, 1848 und 1854 ein-
leuchtend erwiesen.
Schwerer wiegen, fährt er fort, die Mängel auf dem
Gebiete der innern Politik. Die Pflege der materiellen
Interessen ist allerdings durch die Vorschrift der Einstimmig-
keit in hohem Maaß gehindert. Aber auf dem Gebiete der
Landesverfassungen wäre viel zu thun. Wir verwahren uns
gegen einen allgemeinen Bruch mit dem Repräsentativsystem.
Aber schon die Verkürzung der Sessionen der endlos redenden
und amendirenden Landtage wäre ein großer Gewinn. Beim
Budget sollten sie nur über Erhöhung einzelner Posten und
die Prüfung des Rechenschaftsberichtes beschließen. Die
Kammern selbst würden dies einsehen und gerne genehmigen.
Die allgemeine Durchführung dieser Normen würde auch die
Möglichkeit eines vollständigen Rechtsschutzes gewähren. Bei
Verfassungsstreitigkeiten wären die Mitglieder des Bundes-
tags zu einer unparteisschen Rechtsprechung nach der Natur
ihrer Stellung nicht geeignet. Nur ein Bundesgericht könnte
hier helfen; für dessen Thätigkeit wäre aber die auf Bundes-
gesetz beruhende Gleichmäßigkeit der Verfassungen die Vor-
aussetzung.