1857 Die Schweiz entschließt sich zur Nachgiebigkeit. 263
wundeten traten zusammen, und überall ertönte der Ruf, daß
Neuenburg nimmermehr unter das Joch einer monarchischen
Regierung zurückfallen dürfe. Unter der Bevölkerung aber
sank die Kriegslust mit der Dauer des Alarms, es stieg der
Wunsch nach friedlicher Verständigung 1), und vollends aus
Neuenburg desertirten 1500 Soldaten über die französische
Grenze, um nicht gegen ihren König fechten zu müssen. An-
genehm war es freilich für den Bundesrath nicht, eine bisher
verweigerte Einräumung Angesichts einer preußischen Kriegs-
drohung zu machen: indessen kam Napoleon, nachdem er diese
Drohung veranlaßt hatte, den alten Freunden in der Ver-
legenheit durch eine neue Erklärung zu Hülfe, deren Inhalt
freilich nur eine Wiederholung der seit October gegebenen
Zusicherungen war, nach der Freilassung der Gefangenen für
den Verzicht des Königs und die Unabhängigkeit Neuenburgs
nach allen Kräften zu wirken. Er sprach dies dem schweize-
rischen Gesandten mit eindringlicher Wärme aus, allerdings
ohne formelle Garantien oder bindende Zusagen über einzelne
Punkte zu geben: dazu wäre er auch nicht in der Lage ge-
wesen, da auf seine Veranlassung es bereits feststand, daß
eine Conferenz der Großmächte über die Lösung der so lange
verschleppten Streitfrage berathen und beschließen sollte.
Immer konnte jetzt der Bundesrath, ohne Erwähnung der
preußischen Armee, bei der Bundesversammlung am 13. Januar
den Antrag auf freundliche Erfüllung der französischen Wünsche,
also auf Niederschlagung des Processes und Freilassung
der Gefangenen, stellen. Die Versammlung sprach darauf,
1) Die Berichte der in Bern anwesenden neutralen Gesandten (der
preußische war am 13. November abberusen worden) bezeugen dies auf
das Bestimmteste.