Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1857 Verhalten des Prinzen in der Staatsverwaltung. 291 
sprünglich sein ästhetisches Interesse gering und das Maaß 
seiner wissenschaftlichen Kenntnisse bescheiden, aber auch hier 
wußte er, was dem Könige obliegt, und unter keiner frühern 
Regierung ist in Preußen so viel und so erfolgreich für Kunst 
und Wissenschaft gewirkt worden, wie unter der seinigen. Und 
auch hier erweckte die Anfangs aus Pflichtgefühl übernommene 
Arbeit seinem empfänglichen Sinne Theilnahme und Freude 
an ihrem Gegenstande. Als er bei einem Königsmanöver die 
Rheinprovinz bereiste, und die Düsseldorfer Maler ihm ein 
glänzendes Künstlerfest gaben, schrieb er ihnen am folgenden 
Tage herzliche Dankesworte: „ich wurde aus den Mähen 
der Gegenwart so freundlich in die poetisch verklärte Ver- 
gangenheit Deutschlands geführt, ich sah mich nach der rauhen 
Arbeit der dem Schutze des Vaterlandes gewidmeten Waffen- 
übungen in eine so sinnig geschaffene Märchenpracht versetzt, 
daß ich mich nur schwer von diesem Reiche zauberischer Ge- 
staltung zu trennen vermochte.“ Mit gleich eingehendem 
Verständniß studirte er weiterhin die Pläne für das neue 
Reichstagsgebäude, und man weiß, wie er nach seinem prak- 
tischen Blicke wesentliche Verbesserungen desselben angegeben 
hat. Die Vollendung der Ausgrabungen in Olympia ver- 
dankt, gegen den Widerspruch der Ministerialinstanz, die Welt 
seiner persönlichen Entscheidung. Über die kunstgeschichtliche 
Bedeutung des pergamenischen Altars ließ er sich durch den 
Vorstand des Museums, welches diese kostbaren Trümmer 
mit einem Schlage zu einem Institute europäisches Ranges 
erhoben, einen Stunden langen, mit lebhaftem Interesse ent- 
gegen genommenen Vortrag erstatten. So ging dies durch 
alle Fächer hindurch: sein Leben war Arbeit, Arbeit in allen 
Verwaltungszweigen, Arbeit für das Glück der Andern. Wo 
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