1858 Vorbereitung eines neuen Ministeriums. 297
das bisherige Ministerium im Amte zu belassen. Ganz
dieselbe Meinung vertrat dann auch Freiherr von Schleinitz,
einst Minister des Auswärtigen unter dem Grafen Brandenburg,
schon seit 1849 durch lebhaftes Gespräch und ansprechende
Umgangsformen an dem Hofe des Prinzen und der Prinzessin
von Preußen ein stets gerne gesehener Gast. Als Politiker
war er farblos, als Diplomat nicht ohne Geschick, aber ohne
selbständige Entschlüsse und festen Charakter; sein Streben
war stets, den Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen,
anstatt sie zu überwinden, Preußens Stellung möglichst zu
wahren, vor Allem aber verträglich zu sein und namentlich
Osterreich gegenüber es nie zum Bruche kommen zu lassen.
Er schlug jetzt dem Prinzen vor, nach baldigster Entlassung
des jetzigen Ministeriums sein Cabinet aus neuen, bisher noch
nicht angefeindeten Personen zu bilden, also von ihm selbst
und Auerswald abzusehen. Darüber wurde damals noch keine
Entscheidung getroffen, wohl aber als officieller Vorsitzender
des künftigen Ministeriums der Fürst Anton von Hohenzollern-
Sigmaringen, ein patriotischer, wohlmeinender und rechtlicher
Herr, in Aussicht genommen.
Unterdessen war, wie die harmloseste Sache von der
Welt, am 1. Juli eine dritte Erstreckung der Stellvertretung
in Sanssouci bewirkt worden. Die feudale Partei fühlte sich
bei der schweigenden Zurückhaltung des Prinzen bereits so
sicher, daß sie offen einen Jeden als Königsfeind erklärte, der
in irgend einem Falle eine Regentschaft verlangen würde;
denn sich nach Belieben einen Stellvertreter zu setzen, sei ein
angestammtes Recht der preußischen Monarchen, welches durch
Artikel der papiernen Verfassung nicht beschränkt werden könne.
Allein der Augenblick, der sie aus diesen Träumen erwecken