1858 Die Entscheidung. 299
Wider nochmals entwickelten, ohne daß der Prinz eine Ansicht
aussprach. Aber unmittelbar nachher theilte er der Königin
mit, daß er mit der Rechtsansicht des Ministeriums einver-
standen sei. Sie mußte sich in das Unabänderliche fügen,
ließ aber durch den Hausminister von Massow den Collegen
desselben eröffnen, daß sie, wenn auch in schweren Sorgen,
bereit sei, dem Könige die Regentschaftsfrage vorzulegen; wenn
es seiner Gesundheit schade, so müsse das Ministerium die
Verantwortung tragen.
Ein erschütternder Augenblick folgte. Auf ärztlichen
Rath war beschlossen, daß der König den Winter in Italien
zubringen sollte. An einem Tage, wo seine Stimmung freier
war, am 7. October, sagte ihm die Königin, da ihr Auf-
bruch zu einer längeren Abwesenheit bevorstehe, müsse der
Prinz doch wohl eine größere Machtbefugniß erhalten, und
Regent werden. Der König äußerte ruhig seine Zustimmung,
und so legte sie ihm die Urkunde zur Unterschrift vor. Der
König las sie schweigend, unterzeichnete sie, stets schweigend;
dann schlug er beide Hände vor das Gesicht, brach in einen
Thränenstrom aus, und verließ das Zimmer. Der ent-
scheidende Schritt, schrieb darauf der Prinz seiner Gemahlin,
ist also geschehen! Gott gebe seinen Segen zu dem ernsten
Werke, das nun durch mich für das Vaterland beginnt. Du
kannst denken, in welcher Aufregung ich bin, und wie ich nur
im Gebet mich stärken und kräftigen konnte, und mich Gottes
Barmherzigkeit anheimgeben! Er berichtete ihr dann den Her-
gang, und fügte hinzu: wenn somit Vielen ein Stein vom
Herzen fällt, so beginnt für mich nun erst die wahre Sorge
und Qual, die mir schwerlich (bei der voraussichtlichen Un-
heilbarkeit des Königs] wieder entnommen werden wird. Ich