1859 Osterreichs militärische Vorkehrungen. 315
und Schwarzenberg in Berlin zum Verfassungssturz gedrängt
hatte. Freilich, es ist weder eine schöne noch eine sichere
Lage, wenn man das Elend der Nachbarn als die noth-
wendige Bedingung des eigenen Daseins betrachten muß. In-
dessen, so hatten die Dinge sich seit mehr als einem Jahr-
hundert entwickelt, und der Wiener Hof ersehnte den Krieg
mit nicht geringerer Leidenschaft als der Turiner. Kaum war
Napoleon's Neujahrsgruß durch Europa erklungen, so warf
Osterreich 30000 Mann in die Lombardei, und ließ Woche
auf Woche Verstärkung folgen. Natürlich erklärte sich darauf
Sardinien durch solche Anhäufung großer Truppenmassen an
seinen Grenzen bedroht, begann ebenfalls, ganz gewiß nur
zur Vertheidigung, zu rüsten, und rief zu Österreichs höchster
Erbitterung Freiwillige aus ganz Italien unter sein Banner,
welche dann eine besondere Heerschaar unter dem großen
revolutionären Führer Garibaldi bildeten.
Dieses Mal griff nun auch der Wiener Hof zu dem
Mittel der populären Agitation, so wenig sich dasselbe sonst
mit seinen politischen Gewohnheiten vertrug. Hier aber kam
ihm Alles auf die Gewinnung der deutschen Bundeshülfe an,
deren Ankündiguug vielleicht den französischen Angriff ganz
verhüten, andersfalls aber die französische Armee an den
Rhein führen und damit von Italien ferne halten würde.
Während also die kaiserlichen Diplomaten an allen deutschen
Höfen Himmel und Erde in Bewegung setzten, um den Fürsten
die Unterstützung der deutschen Präsidialmacht als selbst-
verständliche patriotische Pflicht zu schildern, und auch bei
der großen Mehrzahl bereitwilliges Gehör fanden, erscholl in
der süddeutschen Presse Tag für Tag die Losung, daß
der wälsche Erbfeind mit Deutschlands vereinter Kraft zu