Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

328 Der italienische Krieg. 1859 
Kampf mit ganz Deutschland zu befahren, ohne, wie #n Anfang 
des Kriegs, auf eine russische Diversion im Rücken des Gegners 
hoffen zu dürfen. So faßte er plötzlich den Beschluß, damit er 
dem Vermittler entgehe, mit dem Feinde unmittelbare Verbindung 
zu suchen. Am Abend des 6. Juli sandte er seinen Adjutanten, 
den General Fleury, hinüber nach Verona, um dem Keiser 
Franz Joseph zunächst einen Waffenstillstand vorzuschlagen. 
Hier fand der Unterhändler vollkommen übereinstimmende 
Gefühle: eine lebhafte Sehnsucht nach Beendigung des Kriegs, 
schwere Besorgnisse über unruhige Bewegung in Ungarn, ent- 
schiedenen Widerwillen gegen Preußens Einmischung. An 
der von Preußen versprochenen Errettung der Lombardei 
war dem Wiener Cabinet weniger gelegen, als an den von 
Preußen aufgegebenen Schutzverträgen, welche Osterreich die 
indirecte Herrschaft über Mittel= und Unteritalien sicherten. 
Und vollends abscheulich war die Vorstellung, daß nach den 
eigenen Niederlagen in Italien Preußen vielleicht große Siege 
in Frankreich erfechten und sich damit an die Spitze Deutsch- 
lands schwingen könnte. So eben hatte am 4. Juli Preußen 
am Bundestage den Antrag gestellt, daß sämmtliche Bundes- 
truppen unter seinen Oberbefehl treten sollten, jetzt am 7. er- 
schien der österreichische Gegenantrag, daß der Prinz-Regent 
zum Bundesfeldherrn nach den Grundsätzen der löblichen 
Bundeskriegsverfassung, also mit siebzehn beaufsichtigenden 
Bundescommissaren in seinem Hauptquartier, und mit Unter- 
stellung unter die Weisungen des Bundestags, gewählt werden 
möge. Das hieß Preußen den Krieg verbieten, denn man wußte 
sehr gut, daß der Prinz zu einer solchen Stellung sich niemals 
herbeilassen würde. Die nothwendige Consequenz war die be- 
gierige Ergreifung der von Napoleon gebotenen Friedenshand.
	        
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