1859 Der deutsche Nationalverein. 335
eine Bitte um eine neue deutsche Centralgewalt dem Prinz-
Regenten; die Bürger von Gotha schickten dem Herzog Ernst
eine Abordnung, welche um eine neue Verfassung des außer-
österreichischen Deutschland bat, und der Herzog, von jeher
national und liberal gesinnt, gab ihnen eine zustimmende Ant-
wort. Am 14. August tagte eine Versammlung in Eisenach,
welche eine möglichst große Zusammenkunft deutscher Patrioten
nach Frankfurt zur Gründung eines deutschen Nationalvereins
und zur Wiederaufnahme des seit zehn Jahren begrabenen
Werkes deutscher Einheit zu berufen beschloß. Die Einladung
hatte bedeutende Wirkung; in Frankfurt erschienen liberale
Politiker aller Farben aus allen Staaten. Man war einig
über die Nichtsnutzigkeit des Bundestags und über die Noth-
wendigkeit eines deutschen Parlaments. Aber als der Antrag
gestellt wurde, für die Leitung der nationalen Angelegenheiten
durch Preußen zu stimmen, brauste der seit dem Frühling
angehäufte Zorn der Süddeutschen so heftig auf, daß man
sich schließlich begnügte, das Bedürfniß einer deutschen Central-
gewalt ohne Bezeichnung ihres Trägers auszusprechen. So
constituirte sich der Nationalverein, wie einst die Paulskirche,
unter Hinausschiebung der Alles entscheidenden Frage. Der
leitende Ausschuß, welcher die Thätigkeit des Vereins zu
organisiren hatte, wurde auf Betreiben des Bundestags, der
bei dem Worte deutsche Einheit ergrimmte, wie der Puter
beim Anblick des rothen Tuches, aus Frankfurt ausgewiesen,
fand aber eine sichere Heimathstätte in Coburg unter dem Schutze
des Herzogs Ernst, der seit Jahren die Bildung einer solchen
Genossenschaft auf nationaler Grundlage gewünscht und mehr-
fach selbst angeregt hatte. Der Ausschuß wirkte seinerseits
durchaus im kleindeutschen Sinne, und suchte so viel wie möglich