Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1859 Antwort des Regenten auf die Stettiner Adresse. 339 
Innern übernommen hatte, gab mit vollem Brustton die 
Losung: nicht Einheit, sondern Einigkeit; Herr von Schleinitz 
stimmte mit Freude einem so ungefährlichen Programm zu, 
und ertheilte den preußischen Gesandten an den deutschen 
Höfen gemessene Weisung, allen Demonstrationen des National— 
vereins vollkommen fremd zu bleiben. Als die Stettiner 
Bürgerschaft im August jene Adresse über Schaffung einer 
deutschen Centralgewalt an den Prinz-Regenten richtete, 
dachte der Minster, ihr und ihren Gesinnungsgenossen durch 
eine öffentliche Ablehnung den Standpunkt klar zu machen; 
indessen wurde der von Schwerin ausgesetzte Entwurf doch 
von dem Regenten einiger Maaßen in positivem Sinne modi- 
ficirt. Die Uberzeugung, daß eine energische Zusammen- 
fassung der Kräfte und folglich eine Umgestaltung der Bundes- 
verfassung nöthig sei, wurde in ihrer vollen Berechtigung an- 
erkannt. Nur dürfte man nicht durch ein Haschen nach dem 
Allerbesten sich von dem Wege abbringen lassen, welchen die 
Achtung vor fremdem Rechte und die Rücksicht auf das zur 
Zeit Erreichbare vorzeichnen. Preußen glaube durch die 
Stärkung der deutschen Wehrkraft und die Befestigung ge- 
sicherter Rechtszustände in ganz Deutschland zur Zeit mehr 
nützen zu können, als durch verfrühte Anträge auf eine um- 
fassende Bundesreform. 
Aber schon diese streng beschränkte Kritik des Bestehenden 
erregte den hohen Unwillen der deutschen Höfe. Das heiße 
doch, fand man in Dresden, Hannover, Braunschweig, den 
Nationalverein ganz ausdrücklich ermuthigen, wenn Preußen 
die Unzulänglichkeit der Bundesverfassung selbst ausspreche; 
indem es die fürstlichen Rechte für die Gegenwart anerkenne, 
bedrohe es für die Zukunft ihren ganzen Bestand. Die Un- 
22“
	        
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