Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1860 Abreise Napoleon's. 363 
Festschmaus, wie üblich; am Abend eine große Soiree; der 
anwesende österreichische Gesandte, Graf Trautmannsdorff, 
berichtete darüber, das Benehmen des Kaisers sei während 
des ganzen Abends sehr ruhig und gemessen, beinahe still 
gewesen; er habe mit niemand ein längeres Gespräch gepflogen, 
die meisten deutschen Fürsten ihm gegenüber eine verlegene 
Zurückhaltung gezeigt. Auch die Bevölkerung verhielt sich 
gegen ihn äußerst kühl, gebot einem Trupp Franzosen bei 
einem Hochruf Schweigen, und ließ dann ihrerseits den 
Prinz-Regenten hochleben. Am 17. hatte der Kaiser noch 
ein Gespräch mit dem Regenten und König Max über Neapel; 
wie dieser nachher erzählte, wären Napoleon's ÄAußerungen 
nicht befriedigend gewesen; er müsse bei den italienischen Er- 
eignissen stets die Möglichkeit eines Conflicts mit England 
vor Augen haben; auch könne er dem Könige von Sardinien 
nicht energisch entgegen treten, der von der Volkspartei vor- 
wärts gedrängt werde und nicht die Kraft zum Widerstand 
besitze. Indessen versprach er, wie bisher abmahnend auf 
Sardinien wirken zu wollen. Der Prinz vertrat die dynastischen 
Interessen Neapels, trotz des unglücklichen Regierungssystems. 
Der Orient, Osterreich, Dänemark wurden nicht erwähnt . 
Am Abend, kurz vor der Abreise, gelang dem Kaiser noch 
eine Eroberung besonderer Art. Er trat unangemeldet in den 
Salon des Königs von Hannover, wartete dort ganz ruhig, 
bis der blinde Herr erschien, der zuerst sehr unwillig über das 
Eindringen eines Fremden war, dann aber aus der Hand 
des Kaisers den Orden der Ehrenlegion mit gnädigem Danke 
empfing, und durch die wohlberechneten Reden Napoleon's 
1) Telegramm des Regenten an Schleinig, 18. Juni.
	        
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