Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

364 Deutsche Reformfragen. 1860 
so bezaubert wurde, daß er seitdem das Lob desselben in 
allen Tonarten verkündete. Um 9 Uhr reiste Napoleon ab, 
schwerlich erbaut von dem Verlauf und den nichtigen Ergeb- 
nissen seiner Expedition. 
Dem Prinz-Regenten war übrigens noch ein Nachspiel 
des großen Fürstentages zugedacht. Er war, auf die Gefahr 
einer schweren Verstimmung Napolcon's, so nachdrücklich im 
Sinne deutscher Eintracht aufgetreten, daß ihm über das 
Wesen derselben eine deutliche Belehrung nicht unerwartet 
kommen konnte. 
Am Vormittag des 17. Juni hatte (wenn ich nicht irre, 
auf Betreiben des Königs von Hannover), eine Conferenz der 
großdeutsch gesinnten Fürsten — zu welchen der Großherzog 
von Baden bereits nicht mehr gerechnet wurde — also der 
vier Könige, des Großherzogs von Darmstadt und des Herzogs 
von Nassau, bei dem König Max von Bayern Statt gefunden, 
um die zwischen ihnen und Preußen schwebenden Streitfragen 
zu besprechen. Zuerst erwogen sie die widerwärtige kurhessische 
Sache: Hannover und Sachsen begehrten, daß man sie sofort 
und definitiv erledige, indem der Bund der neuen Verfassung 
vom 30. Mai seine Garantie ertheile. Aber Bayern und 
Württemberg mahnten zur Vorsicht; Württemberg hatte ver- 
fassungsrechtliche Bedenken, und Bayern war dagegen aus 
Rücksicht auf die öffentliche Meinung. So kam kein Beschluß 
zu Stande, und man wandte sich zu der noch wichtigeren 
Frage, zu der von Preußen begehrten Reform der Bundes- 
kriegsverfassung. Alle Stimmen waren einig, daß der preußische 
Antrag nach dem von Pfordten verfaßten Ausschußgutachten 
abzulehnen sei. Aber bei näherer Betrachtung ergaben sich 
auch hier verschiedene Meinungen. König Johann von Sachsen
	        
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