1859 Albrecht von Roon Kriegsminister. 383
gehalten habe, daß er aber bereit sei, lediglich als Fachminister
zu amtiren, und die politischen Wege seiner Collegen nicht
zu kreuzen. Der Regent erhob dagegen keinen Einspruch,
sondern sagte: Hätte und wüßte ich einen Bessern, so würde
ich Sie nicht gewählt haben.
An sich war die fortdauernde Möglichkeit einer solchen
Haltung sehr zweifelhaft: bei Roon's Überzeugungen war sie
bei dem redlichsten Vorsatz ausgeschlossen. Denn wenn Bonin
bereit gewesen war, die Heeresreform dem Landtag bestens
zu empfehlen, und soweit dessen Beschlüsse es gestatteten,
sie auszuführen, so war Roon entschlossen, sie durchzusetzen,
wenn möglich im Einverständniß, wenn nöthig im Kampfe
mit der Volksvertretung, so lange der Regent es begehrte,
trotz jeder Schwierigkeit und Gefahr, mit Einsetzung seiner
Persönlichkeit bis zum letzten Athemzuge. Er hatte, wie es
der zum Kampf bestimmte Mensch bedarf, ein starkes Selbst-
gefühl, allerdings verbunden mit einer äußerst reizbaren
Empfindlichkeit und einer unglücklichen Neigung zu schlimmem
Argwohn 1). Aber so viel diese Stimmungen ihn selbst pei-
nigten, niemals haben sie erheblichen Einfluß auf sein Ver-
halten im Dienste der Armee und des Thrones gehabt. In
seinem Streite für die große Aufgabe blieb er fast immer
Meister des eigenen Affects auch in stürmischen Momenten.
Anfangs im öffentlichen Vortrage etwas befangen, entwickelte
er sehr bald eine volle Herrschaft über die Rede in jeder
Form und Farbe des Gedankens, sowie eine große Sicherheit
1) Seine vertrauten Briefe, herausgegeben in der „Deutschen Revue“
zeigen dies an zahlreichen Stellen in seinen momentanen Urtheilen über
Bonin, Manteuffel, Bismarck, von der Heydt, Delbrück u. s. w. Es
sind Erzeugnisse augenblicklicher Verstimmung; dergleichen aber pflegt
sonst ein einsichtiger Herausgeber nicht durch den Druck zu verewigen.