Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

398 Conflicte auf allen Seiten. 1861 
preußischen Machtzuwachses lag. Das Ergebniß endlos hin- 
schleppender Verhandlungen war, daß es zu keinem Beschlusse 
kam, und die Nordseeküsten ebenso wehrlos blieben wie der 
Oberrhein. 
Auf der andern Seite hinderte Preußens Rechtsver- 
wahrung jeden Beschluß des Bundestags zur Erweiterung 
seiner Competenz über solche Angelegenheiten, welche nach 
der Bundesacte als gemeinnützige Einrichtungen der freien 
Vereinbarung überlassen waren, worüber also der Bundestag 
nur bei Einstimmigkeit aller Mitglieder verfügen konnte. Die 
Mittelstaaten hatten sich jetzt geeinigt, auf diesem Wege das 
populäre Ansehen des Bundestags zu kräftigen, und brachten 
einen Antrag zu löblichem Zwecke nach dem andern: Einsetzung 
einer Bundescommission zur Feststellung gleiches Maaßes 
und Gewichts für ganz Deutschland, einen andern für ein Gesetz 
gegen den Nachdruck, einen dritten für die Ausarbeitung eines 
deutschen Civil= und Criminalproceßgesetzes. Preußen wies 
aus den uns bekannten Gründen dies Alles zurück und 
machte damik die Ausführung unmöglich. 
Von diesen Verhandlungen gelangte einstweilen wenig 
in die Offentlichkeit. Um so heißer aber wurden die Gefühle 
des deutschen Volkes durch das Fortbrennen der beiden großen 
Streitfragen, der kurhessischen und der holstein'schen, erregt. 
Weder durch den Bundesbeschluß noch durch die darauf 
begründete Verfassung von 1860 war der kurhessische Handel 
zum Abschluß gekommen. Der Führer der hessischen Oppo- 
sition, der Rechtsanwalt Friedrich Otker, ein Mann von un- 
beugsamem Charakter, von ebenso viel Muth wie Zähigkeit, 
ein durch und durch gebildeter Jurist und zugleich ein Partei- 
haupt von niemals abzulenkender Klugheit, sammelte Schritt
	        
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