1861 Fortdauer des kurhessischen Verfassungsstreits. 399
auf Schritt alle Theile des Landes, alle Schichten des Volkes
um das Banner der einzig rechtmäßigen Verfassung von 1831.
Als die Stände nach dem Gesetz von 1860 gewählt werden
sollten, stimmten alle Wähler und nahmen alle Gewählten an,
unter dem Vorbehalt des alten Rechts. Hassenpflug hatte
die Beschwörung der Verfassung durch die Abgeordneten ab-
geschafft; dies kam jetzt den Kämpfern für das alte Recht
zu Gute: einmüthig constituirte sich die zweite Kammer und
beschloß unmittelbar darauf, daß sie, weil nicht nach den
Gesetzen von 1831 und 1849 berufen, zu landständischen
Beschlüssen unfähig sei. Sie wurde auf der Stelle aufgelöst.
Eine Neuwahl einige Monate später lieferte das gleiche Er-
gebniß, während am Bundestag ein Antrag der badischen
Regierung eingebracht wurde, dem Kurfürsten anheim zu
geben, bei der offenbaren Unausführbarkeit der bisherigen
Bundesbeschlüsse zu der alten Verfassung zurückzukehren. Der
Kurfürst war im höchsten Grade ergrimmt, löste den Landtag
nach dreitägiger Sitzung wieder auf, und ließ dem Bundes-
tag eine über alle Maaßen grobe Denkschrift gegen den
badischen Antrag überreichen. Fort und fort erklärte zugleich
sein enthusiastischer und confuser Minister Abeée, der Kurfürst
sei in diesen schweren Zeiten der einzige Hort der Legitimität,
und weissagte, ein Prophet wider Willen, mit dem Falle des
Kurfürsten werde die ganze Bundesverfassung in Deutschland
zu Grunde gehen.
Von Schleswig-Holstein berichten wir später. Am
7. Februar drohte der Bundestag wieder einmal mit Exe-
cution, worauf dann aber England und Rußland sogleich
dringende Vorstellungen in Wien, Berlin und Frankfurt
machten, daß man von einer solchen Maaßregel, als einer