1850 Entscheidung des Ministeriums für Frieden. 31
ausreichend wäre. Radowitz sprach dann ein ebenso festes
Beharren der Minorität auf ihrer Ansicht aus und theilte
einen von ihr gebilligten Entwurf für die nach Wien zu
richtende Erklärung mit, welcher im Wesentlichen den von
dem Könige entwickelten fünf Sätzen entsprach.
Hierauf folgte sofort die königliche Entscheidung. Er
sei, sagte Friedrich Wilhelm, mit der Ansicht der Minorität
vollkommen einverstanden. Da aber die Majorität an ihrer
Ülberzeugung festhalte, so wiederhole Er die Erklärung,
daß Er sich gezwungen sehe, der Majorität, zu deren Bei-
behaltung Er fest entschlossen sei, freie Hand zu lassen;
Er wünsche, daß die Mitglieder der Majorität nicht in
der Zukunft in die Lage kommen möchten, den heute gefaßten,
nach Seiner Überzeugung verderblichen Entschluß zu bereuen.
Damit schloß die Sitzung.
General von Radowitz reichte sogleich seine Entlassung
ein, und die Herren von Ladenberg und von der Heydt folgten
seinem Beispiele. Nach den Erklärungen vom 1. November
konnte dies niemand überraschen. Aber um so unerwarteter
war das Geschick, welches über den Sieger des 2. November
plötzlich hereinbrach.
Bei den letzten Verhandlungen hatte Graf Brandenburg,
soweit unsere Berichte reichen, an keiner Stelle eine Abnahme
oder Störung seiner Kräfte erkennen lassen; auch als er im
Laufe der folgenden Nacht zweimal geweckt wurde, um in
Folge einer vom Könige durch den Regierungsrath Niebuhr
gesandten Nachricht nach eigenem Ermessen eine Verfügung
zu treffen, zeigte er sich vollkommen rüstig und arbeitsfrisch.
Am Morgen des 3. fühlte er sich unwohl und vermochte an
der Sitzung des Staatsministeriums nicht Theil zu nehmen,