Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

440 Verfassungsstreit in Berlin und Frankfurt. 1861 
Commissar in die specielle Bearbeitung des Tarifs eintrat, 
begann indessen dieser zu feilschen und zu handeln, bot wenig 
und forderte viel, so daß im September Preußen seinen Ver- 
bündeten eine völlige Stockung der Verhandlungen anzeigte, 
und damit den Antrag verband, wenn Frankreich nicht andere 
Saiten aufziehe, von dem Vertrage abzusehen, auf dem Wege 
der innern Gesetzgebung den neuen Tarif unter Ermäßigung 
einer langen Reihe von Eingangszöllen festzustellen, und die 
Wohlthaten desselben denjenigen Nationen zukommen zu lassen, 
welche, sei es mit oder ohne Vertrag, die deutschen Erzeug- 
nisse ebenso günstig wie die einer andern Nation behandelten. 
Fast alle Zollvereinsregierungen schlossen sich den Aus- 
führungen dieser preußischen Denkschrift an. 
Bis dahin war die Frage lediglich nach national- 
ökonomischen Gesichtspunkten, mit Rücksicht auf das wirth- 
schaftliche Gedeihen des deutschen Volkes, behandelt worden. 
Jetzt aber griff plötzlich die hohe Politik, Anfangs mit sachter 
Berührung, dann mit derber Faust, in diese Erörterungen ein. 
Wie wir uns erinnern, war die Krisis des Zollvereins 
von 1853 durch einen Handelsvertrag mit Ssterreich beendigt 
worden, der in der Einleitung als Ziel der Zukunft eine 
österreichisch-deutsche Zolleinigung bezeichnete, über deren 
Ausführbarkeit nach sechs Jahren weiter verhandelt werden 
sollte; dann hatten sich beide Contrahenten für ihren gegen- 
seitigen Handelsverkehr eine Anzahl sehr erheblicher Zoll- 
ermäßigungen zugesagt, an denen die Einfuhr aus andern 
Ländern keinen Antheil haben würde; endlich hatten sie sich 
verheißen, daß, wenn einer von ihnen für eine so begünstigte 
Waare auch einer dritten Macht geringern Eingangszoll be- 
willige, dies dem andern Contrahenten drei Monate vorher
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.