Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

512 Preußen und Rußland. 1863 
französischen Volkes eine andere Solidarität hervorrufen 
wird?“ 
Er redete zwar im freundlichsten Tone; er spreche nur 
Befürchtungen aus, von denen er hoffe, daß sie sich nicht 
verwirklichen würden. Aber schon am 17. Februar sandte 
er eine Depesche gleiches Inhalts an Talleyrand: die polnische 
Sache war bisher eine locale, durch die preußische Conven- 
tion ist sie eine europäissche geworden. Am 18. ließ er eine 
Depesche an Montebello nach Petersburg abgehen, worin er 
unter Bezugnahme auf die Wiener Congreßacte von 1815, deren 
Bestimmungen Rußland nicht erfülle, die Besorgniß aussprach, 
daß zwischen beiden Höfen eine gespannte Lage entstehen 
könnte. Daß er der Treiber in der Sache war, zeigt hier 
die Berufung auf die Verträge von 1815, welche dem Kaiser, 
wie jedem Bonaparte gründlich verhaßt waren. Gegen Goltz 
steigerte er den Ton mit jedem Tage, bis zu der unum- 
wundenen Erklärung, daß nur Bismarck's Entlassung ein 
gutes Verhältniß herstellen könnte. Viel weniger feindselig, 
wenn auch in gleicher Tendenz, sprach der Kaiser am 20. mit 
Goltz: Ihr wißt, wie ich stets den Wunsch zu engem Ein- 
vernehmen mit Preußen gehabt habe; hätte Osterreich einen 
solchen Fehler gemacht, wie Preußen durch diese Convention, 
es wäre mir gleichgültig gewesen; jetzt, wo es durch Preußen 
geschehen, macht mir der Vorgang wahren Kummer. Indessen, 
trotz dieses Kummers war man einmal im Zuge, und am 21. 
ging nach London und nach Wien der Entwurf einer 
identischen Note ab, in welcher die drei Mächte, allerdings 
mit den höflichsten Redewendungen, dem preußischen Cabinet 
ihr tiefes Bedauern über den Abschluß der Convention und 
zugleich die Hoffnung ausdrücken sollten, daß Preußen die
	        
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