514 Preußen und Rußland. 1863
warum nicht gegen den Urheber des Übels? England also
lehnte die Note an Preußen ab, und forderte statt dessen die
Unterzeichner der Wiener Congreßacte zu gemeinsamen Schritten
gegen Rußland auf. Osterreich, welches seine Beziehungen
zu England damals immer fester zog, weigerte aus Mißtrauen
gegen Napoleon trotz alles sonstigen Zwistes mit Preußen
der identischen Note seine Unterschrift. Die Action des
französischen Ministers endigte also mit einem diplomatischen
Fiasco. Dennoch aber war sie bedeutungsschwer. Die fran-
zösische Regierung hatte sich damit zu der Pflicht bekannt,
die polnische Sache zu unterstützen. Dabei hatte sie eine
Niederlage erlitten, und eine solche vermochte Napoleon seinem
Volke gegenüber weniger als ein legitimer Herrscher zu er-
tragen. Wenn also England jetzt zu neuem Vorgehen gegen
Rußland aufforderte, so war dem Kaiser die Ablehnung
doppelt erschwert, obgleich sich die Folgen eines solchen
Schrittes in keiner Beziehung überblicken ließen.
Bismarck hatte der Entwicklung der französischen Thätig-
keit in diesen Tagen nicht ohne Besorgniß, aber mit fester
Entschlossenheit entgegen gesehen, und gleich nach den ersten
Berichten darüber dem französischen Gesandten im Voraus
erklärt, daß es für Preußen in der polnischen Sache keine
Wahl gebe, daß er also für eine Verwendung zu Polens
Gunsten keine andere als eine ablehnende Antwort haben
würde. Dann aber wurde er durch eine befremdliche Er-
öffnung von der entgegengesetzten Seite her überrascht. Am
22. Februnar erschien bei ihm der russische Gesandte, Herr
von Oubril, und meldete die Ansicht seiner Regierung an,
es sei bei der europäischen Lage dringend, die Clausel der
Convention, welche den beiderseitigen Truppenführern Voll-