1850 Aufhebung der Unionsverfassung. 43
So war allmählich ein Streitpunkt nach dem andern durch
Preußens Concessionen aus dem Wege geräumt, und wenige
Tage weiter, am 15., erfüllte die Regierung auch ihr Ver-
sprechen, bei dem Fürsten-Collegium der Union die förmliche
Aufhebung der Verfassung vom 26. Mai zu beantragen.
Die Eröffnung war für das Collegium um so überraschender,
als unmittelbar vorher an die Unionsstaaten eine preußische
Aufforderung ergangen war, ihre Truppen kriegsbereit zu
machen und unter den preußischen Oberbefehl zu stellen. Eine
tiefe und grollende Niedergeschlagenheit lag jetzt auf der Be-
rathung; die Gesandten sämmtlich erklärten, ohne Vollmacht
für eine solche Abstimmung zu sein, und auf ihre Berichte
an die Regierungen erfolgte entweder völliges Schweigen,
oder, wie es Radowitz vorausgesagt hatte, von den längst
zweifelhaft gewesenen Mitgliedern Baden, Nassau, Mecklen-
burg-Schwerin die Erklärung, daß mit der Aufhebung der
Verfassung die Union selbst erloschen sei. Zu einem förm-
lichen Beschlusse des Fürsten-Collegiums kam es nicht; von
einem neuen, früher oft für einen solchen Fall in Aussicht
gestellten Schutz= und Trutzbündniß war keine Rede.
Hiemit aber war auch König Friedrich Wilhelm an der
Grenze seiner Nachgiebigkeit angelangt. Oder genauer gesagt,
er hatte bisher bewilligt, was er im Grunde seines Sinnes
selbst gewünscht hatte; er war völlig gleicher Meinung mit
den Kaiserhöfen, daß in Kurhessen und Holstein die landes-
herrliche Autorität hergestellt werden müsse; er war Gott in
seinem Herzen dankbar dafür, die liberale Verfassung vom
26. Mai gründlich losgeworden zu sein, und betrachtete es
somit als einen reinen und glänzenden Triumph seiner Po-
litik, Osterreich zu der Annahme der freien Conferenzen für