Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1863 Rußland lehnt die Einmischung der drei Mächte ab. 529 
bestimmten; im Ubrigen wurden beide Höfe auf die nach 
London abgegangene Note verwiesen. 
Bei aller Höflichkeit in der Form war die Antwort der 
Sache nach eine entschiedene Abweisung der unerbetenen Ein- 
mischung. In Paris und London war man sogleich der 
Meinung, darauf nicht schweigen zu können: habe ja die an 
England gerichtete Note selbst sich zu weitern Erörterungen 
bereit erklärt. Die Frage war nur, welche positive Forde- 
rungen man jetzt zu stellen habe, und darüber gingen die 
Ansichten so weit auseinander, daß während mehrerer Wochen 
die Erzielung eines Einverständnisses beinahe hoffnungslos 
erschien. Zugleich drängte der Gang der Dinge in Polen, 
wenn die drei Mächte nicht völlig geschlagen erscheinen wollten, 
immer gebieterischer zu weiterer Thätigkeit. Vor Allem hatten 
ihre Noten bei dem russischen Volke einen gewaltigen Auf- 
schwung nationaler Entrüstung hervorgerufen. Bisher war 
dort die Stimmung, wie erwähnt, getheilt gewesen, die Einen 
hatten Bestrafung der polnischen Meuchelmörder, die Andern 
Abtrennung dieses unreinen Gliedes von dem Leibe des heiligen 
Rußland begehrt. Jetzt aber, auf die Kunde, daß der irr- 
gläubige Westen den russischen Waffen Halt gebieten wolle, 
durchwogte ein Strom patriotisches Stolzes alle Herzen; die 
Recruten eilten zu den Fahnen, Adel und Städte boten frei- 
willige Steuern, hundert und wieder hundert Stimmen for- 
derten vom Kaiser die Rückberufung des Großfürsten, die 
Absetzung Wielopolski's, die gründliche Bändigung der polni- 
schen Rebellion. Die Regierung war bereit. In Warschau 
erhielt Graf Berg erweiterte Vollmacht; in jedem Bezirke 
übernahmen russische Officiere die nöthigsten Verwaltungs- 
ämter, und organisirten sich aus der bäuerlichen Bevölkerung 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II. 34
	        
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