Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

534 Preußen und Rußland. 1863 
Briefe redigirte Bismarck eigenhändig, und der König gab 
ihm nach einigen Correcturen seine Zustimmung. In diesem 
Schreiben knüpfte er nach der wärmsten Versicherung von 
Freundschaft und Vertrauen an die Schlußbemerkung Alexan= 
der's an, daß Napoleon III. ganz Europa jetzt in gleicher 
Weise bedrohe, wie sein Oheim vor fünfzig Jahren — und 
wandte damit die Spitze der ganzen folgenden Erörterung 
ausschließlich gegen Frankreich. Denn auf diesem Standpunkt 
wäre ja nichts verkehrter, als Osterreich durch einen Angriff 
selbst in Frankreichs Arme zu treiben, man müßte vielmehr 
Alles aufbieten, es zu einem Gliede des großen Bundes zu 
machen. So habe er sich, Alexander's Wunsch entsprechend, 
nach Wien gewandt, sei dort freilich dem alteingewurzelten 
Argwohn begegnet, hoffe aber doch, einige Keime des Ver- 
trauens ausgesäet zu haben. Er glaube nicht, daß bei der 
vorgerückten Jahreszeit Napoleon noch eine Landung an der 
russischen Ostseeküste wagen werde; wenn es dennoch geschähe, 
so würde ihn, den König, sein Herz zu sofortiger Waffen- 
hülfe antreiben, einem solchen Einschreiten jedoch die deutsche 
Bundesverfassung im Wege stehen. Denn nach dieser würde 
sein Vorgehen als ein eigenmächtiger Angriff auf eine fremde 
Macht erscheinen, und damit dem Bundestag einen scheinbaren 
Vorwand geben, der preußischen Rheinprovinz seinen Schutz 
gegen Frankreich zu entziehen. Er werde also in jenem 
Falle dem Wiener Hof zunächst für eine Rußland günstige 
Neutralität zu bestimmen suchen, und ihm weiterhin eine 
gegenseitige Garantie der polnischen Provinzen aller drei 
Theilungsmächte vorschlagen. Um ihn dann völlig für 
die gute Sache zu gewinnen, würde das wirksamste Mittel 
eine Garantie für Venetien sein, da die Furcht vor einem
	        
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