1863 Neue Noten der drei Mächte. 537
Joseph war eigentlich von jeher gegen die Theilnahme an
den westmächtlichen Operationen gewesen; er empfand seine
aus dem Besitze Galiziens erwachsende Solidarität mit Preußen
und Rußland, und traute dem Kaiser Napoleon in keiner
Beziehung. Entschieden aber, heißt es, war der Minister
Schmerling für die polenfreundliche Politik, theils um das
Wohlwollen der liberalen Mehrheit im Reichstag, theils um
für seine deutschen Pläne, wenn nicht die Unterstützung, so
doch die Gunst Napoleon's zu gewinnen. Graf Rechberg
stand unsicher zwischen diesen Tendenzen, und suchte sich mit
der Formel zu helfen: Verbindung mit den Westmächten, so
lange sie sich auf friedliche Maaßregeln beschränken, Los-
lösung von ihnen, sobald sie eine kriegerische Action einleiten.
An eine dritte Möglichkeit dachte er nicht.
Die erste Wirkung der drei Noten in Petersburg war
die Absetzung Wielopolski's unter der Form einer längern
Beurlaubung. Die zweite eine Steigerung in dem Kampfe
gegen die Insurrection durch den Grafen Berg, der jetzt auch
an die Spitze der Civilverwaltung trat, und ganz nach
Murawieff's lithauischem Muster vorzugehen begann. Was
die Antwort auf die Noten betraf, so hatte Fürst Gortscha-
koff den Botschaftern der Mächte längst erklärt, er habe in
seiner Aprilnote unter den dort vorgeschlagenen Erörterungen
nichts Anderes als einen freundschaftlichen Gedanken-Austausch
mit ihnen, hier in Petersburg, gemeint; dabei würde sich
herausgestellt haben, daß Kaiser Alexander nach seiner Milde
und Menschenfreundlichkeit den Inhalt der sechs Punkte billige
und ihn zum größten Theil den Polen selbst bereits angeboten
habe. Aber gegen seine Würde und die Selbständigkeit einer
Großmacht gehe es, sich solche Bestimmungen, die zum Theil