Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1850 Preußische und großdeutsche Reformpläne. 71 
Duumpvirats, der österreichisch-preußischen Zweiherrschaft ver- 
wirklicht worden. Von einem deutschen Parlamente war hie- 
bei keine Rede; der König behielt sich eine Volksvertretung für 
seine künftige Union vor, wollte übrigens, wenn von anderer 
Seite ein solcher Antrag auch für den weitern Bund erschiene, 
nicht sofort widersprechen, sondern weitere Erwägung pflegen. 
Den Unionsgenossen wurden diese Absichten in skizzirter 
Weise mitgetheilt, doch könnte man nicht sagen, daß sie dort 
warme Begeisterung erregt hätten. Die Kleinstaaten hatten 
zwar die Unzulänglichkeit der Bundeseinrichtungen bei den 
Stürmen von 1848 schwer empfunden, und deshalb sich bereit- 
willig zuerst der Verfassung der Paulskirche und dann der 
preußischen Union angeschlossen. Aber nach den Erfahrungen 
der beiden letzten Jahre hatten sie große Scheu vor jedem 
neuen Experimente, da bei jedem gerade ihr Schicksal in erster 
Linie gefährdet erschien, und ohne einen Widerspruch gegen 
Preußen zu wagen, begannen sie trotz aller bisherigen Pro- 
teste gegen den Bundestag mit einer stillen Sehnsucht an ihr 
macht= und einflußloses, aber immerhin behagliches Stillleben 
im Eschenheimer Palast zurückzudenken. 
Ganz andere Pläne aber erfüllten die Herrscherseele des 
Fürsten Schwarzenberg und den aufstrebenden Ehrgeiz der 
Mittelstaaten, und nach den Olmützer Erlebnissen meinten sie 
jeden Zweifel am Erfolge hinwegwerfen zu können. Sie 
bedauerten freilich, daß es zur Niederlage Preußens auf dem 
Schlachtfelde nicht gekommen war: aber wenn der preußische 
König die Olmützer Punctation zur Hälfte als einen Sieg 
seiner eigensten Politik betrachtete, so hatten seine Gegner 
den Eindruck gewonnen, daß Preußen den Krieg scheue auf 
jede Bedingung, und daß man es nur abwechselnd mit conser-
	        
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