Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Holsteins Beschwerde am Bundestag. Bismarck's Bericht. 93 
man dabei alle im Orient sich bekämpfenden Mächte auf der 
Seite des Gegners finden würde. Hatte doch Lord Palmerston 
die neue Verfassung von 1855, weil sie die Befugnisse des 
Reichsraths erweiterte, unbesehens für einen schönen Fort- 
schritt auf dem Wege des liberalen Parlamentarismus erklärt. 
Weder in Wien noch in Berlin oder Frankfurt konnte damals 
ein Gedanke an Schleswig-Holstein aufkommen. 
In den Herzogthümern selbst hatte man darüber keinen 
Zweifel und ertrug das Unvermeidliche mit schweigender 
Standhaftigkeit. Kaum aber war, Frühling 1856, der Krim- 
krieg beendigt, so schickten sich die holsteiner Stände zu einer 
Beschwerde beim Bundestag an, und der Minister Manteuffel 
forderte den preußischen Vertreter in Frankfurt, Herrn von 
Bismarck, zum Berichte auf, welche Aussichten eine solche 
Eingabe bei der hohen Versammlung haben würde. Bismarck's 
Antwort ging weit über die ihm gestellte Frage hinaus; er 
faßte die Angelegenheit der Herzogthümer in ihren gesammten 
deutschen und europäischen Beziehungen in das Auge, und 
redete über Schleswig-Holstein jetzt nicht mehr vom Stand- 
punkte des conservativen Parteiführers, sondern des preußischen 
Staatsmannes. Er aber mahnte zur Vorsicht. Daß Däne- 
mark Recht und Vertrag gebrochen, sei unzweifelhaft. Die 
Mehrzahl der deutschen Höfe würde mit Eifer einem bundes- 
rechtlichen Vorgehen zustimmen, um den Wünschen ihrer Be- 
völkerungen entgegenzukommen, dabei aber stets mit Sorge auf 
Osterreichs demnächstige Entschließungen hinblicken. Der Wiener 
Hof jedoch, von jeher Dänemark zugethan, werde nicht einen 
Schritt weiter gehen, als es ihm die Rücksicht auf die öffent- 
liche Meinung unerläßlich mache; er werde stets die Initiative 
und die Verantwortung der Action Preußen zuschieben, und
	        
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