Scheinbare Nachgiebigkeit Dänemarks. 97
besondere Rußland, dringend mahnten, eine so schwere Ver-
wicklung durch einige Nachgiebigkeit zu vermeiden, da ergriff
die dänische Regierung jene andere, durch die Form des
deutschen Verfahrens dargebotene, den Eiderdänen höchst
willkommene Position. Der Bund, der nur von Holstein-
Lauenburg reden kann, erklärt, daß die Verfassung von 1855
nicht rechtsbeständig sei. Nun wohl, so möge sein Wille
buchstäblich geschehen; es möge die Verfassung für Holstein
und Lauenburg, jedoch nur für diese, aufgehoben werden,
aber für Dänemark und Schleswig bestehen bleiben. Besseres
ließe sich für Dänemark nicht ersinnen. Denn Holstein bliebe
dann unter der Herrschaft des für die gemeinsamen Angelegen-
heiten dort wieder absolut gewordenen Königs; Gesetze und
Budget für jene Angelegenheiten würden nach wie vor mit
dem dänischen Reichsrath ohne Theilnahme der Holsteiner
vereinbart, und dann durch königliche Verordnung in Holstein
verfügt. Was aber Schleswig beträfe, so hätte das dänische
Volk die Befriedigung, daß der Befehl des Bundestags selbst
die Trennung des Landes von Holstein und seine Vers chmelzung
mit Dänemark vollständig mache; der verpönte Name der
Einverleibung würde nicht ausgesprochen, die Sache selbst
aber vorhanden sein. So verkündete König Frederik VII.
durch Patent vom 6. November 1858 die Aufhebung der
Gesammtverfassung für Holstein und Lauenburg, sowie den
Fortbestand derselben für Dänemark und Schleswig.
Wie man sich denken wird, sah man auf der deutschen
Seite die Angelegenheit in völlig anderm Lichte. Der Bundes-
tag freilich mußte in der Vorbereitung der Execution inne
halten: man konnte nicht anders, da dem Wortlaute des
Bundesbeschlusses ganz genau nachzukommen war. Man
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. III.