Wachsender Eifer in Kopenhagen. 111
Die Wogen des nationalen Selbstbewußtseins gingen
damals hoch in Dänemark. Hall's Berechnung schien sich
glänzend bewährt zu haben: Dänemark hatte gesprochen, und
die Welt und die Großmächte waren verstummt. Der Beschluß
stand fest, das eiderdänische Programm zum endgültigen Ab-
schluß zu bringen. Thatsächlich bestand die Ausscheidung
Holsteins und die Einverleibung Schleswigs seit 1858; dieser
provisorische Zustand sollte jetzt zum formell gesetzlichen er-
hoben werden. Wohlverstanden, nicht in dem Sinne, daß
Holstein der dänischen Herrschaft überhaupt entzogen und an
Deutschland abgetreten würde; nur von der constitutionellen
Gemeinschaft mit Dänemark-Schleswig sollte es völlig ab-
getrennt, und dann als unterworfene Provinz um so gründ-
licher für dänische Zwecke ausgebeutet werden. Und immer
strahlender schien das Glück diesen patriotischen Vorsätzen zu
lächeln. Denn gleich nach dem eben erwähnten Annexions=
antrage des Landsthings kamen Schlag auf Schlag die Nach-
richten von dem polnischen Aufstande, welcher Rußland lähmte,
dann von der Bedrohung Preußens durch einen französischen
Angriff, und gleich nachher von dem diplomatischen Feldzug
der Westmächte und Osterreichs gegen Rußland, der aller-
dings an sich noch nicht der Krieg war, wohl aber jeden
Augenblick den Krieg entzünden konnte. Bei so herrlichen
Conjuncturen war natürlich keine Stunde weiter zu verlieren;
so eben erst hatten die holsteiner Stände nochmals die alte
Widerhaarigkeit gegen alle königliche Gnade gezeigt, ja, bei
dem deutschen Bunde Anklage gegen die dänische Regierung
erhoben: nun mochten sie es erfahren, was ihr verehrter
Bundestag, und besonders, was ihr werthgeschätztes Preußen
bei der jetzigen Weltlage gegen Dänemarks Energie vermöge.