114 Dänemarks Vertragsbrüche.
hagen sehr wohl, konnte aber auf Polizei, Geistlichkeit und
Armee vertrauen und fand in der Herzenshärtigkeit der
deutschen Unterthanen nur einen Grund mehr, ihnen jede
Aussicht auf Lockerung oder Sprengung des Druckes ab-
zuschneiden. Aus Deutschland erfuhr man, daß der Bundes-
tag die holsteiner Beschwerde seinen Ausschüssen zugewiesen,
und daß ÖOsterreich und Preußen dem Patent vom 30. März
eine vorläufige Rechtsverwahrung entgegengestellt hätten. An
solche Dinge war man seit zehn Jahren gewohnt, und dachte,
Deutschland werde allmählich seinerseits lernen, auch an die
dänischen Proceduren gewohnt zu werden. Die schönste
Hoffnung aber fanden die Eiderdänen in dem Gedanken an
einen demnächst ausbrechenden europäischen Krieg, in welchem
Osterreich auf Preußen, die Westmächte auf Rußland schlagen,
und Dänemark durch ein actives Bündniß mit Paris und
London zum Ziele aller Wünsche gelangen würde. Der
russischen Freundschaft, welche einst zu Nikolaus’ Zeiten so
ergiebig gewesen, war man längst überdrüssig geworden,
seitdem sie so lästige Rathschläge ertheilte. Dafür hatte die
eiderdänische Demokratie eine angeborne Begeisterung für die
polnischen Freiheitskämpfer, und so vorsichtig der Minister
Hall in dieser Beziehung auftrat, so unverhohlen bekundeten
die Zeitungen, Vereine und Versammlungen in Kopenhagen
ihre polenfreundliche Gesinnung. Daß dies nicht dazu bei-
trug, die Stimmung des Kaisers Alexander für Dänemark
zu verbessern, bedarf keines Beweises. Mit desto größerem
Wohlgefallen aber wurde der polenfreundliche Liberalismus
der Eiderdänen in dem liberalen England aufgenommen.