Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Bismarck's Auffassung der Lage. 119 
auf die Stellung der außerdeutschen Großmächte zur Sache, 
als auf die Intriguen der Würzburger Regierungen und 
deren Einfluß auf die Stimmung in Deutschland an. Den 
Nachtheil, das Londoner Protokoll unterzeichnet zu haben, 
theilen wir mit Osterreich, und können uns von dieser Unter- 
schrift ohne kriegerischen Bruch nicht lossagen. Kommt es 
aber zum Kriege, so hängt von dessen Ergebniß auch die 
künftige Gestaltung der dänischen Territorialverhältnisse ab.“ 
Damals, im December 1862, war nun Bismarck der 
Ansicht, daß sich zur Zeit eine Bundesexecution nicht empfehle, 
da sie Holsteins Einwohner bedrücken würde, und an Schleswig 
nicht rühren dürfe; dem bedrängten Schleswig jedoch könne 
nicht die Execution, sondern nur der nationale Krieg helfen. 
Für den Beginn eines solchen Krieges aber fand Bismarck 
die europäische Lage zweifelhaft und die deutschen Zustände 
völlig ungeeignet. „Es läßt sich nicht vorhersehen, schrieb 
er, welche Entwicklung den deutschen Bundesverhältnissen in 
der Zukunft beschieden ist. So lange sie aber annähernd 
dieselben bleiben wie bisher, kann ich es nicht für ein preußisches 
Interesse halten, einen Krieg zu führen, um im günstigsten 
Falle in Schleswig-Holstein einen neuen Großherzog ein- 
zusetzen, der aus Furcht vor preußischen Annexionsgelüsten 
am Bunde gegen uns stimmt, und dessen Regierung ein 
bereitwilliges Object österreichischer Umtriebe sein würde, un- 
geachtet aller Dankbarkeit, die er Preußen für seine Erhebung 
schulden möchte."“ 
Demnach schien ihm, unter völliger Schlagfertigkeit für 
den geeigneten Moment, einstweilen ein aufmerksames Hin- 
halten der Frage geboten. Da die preußische Armee in ihrer 
neuen Formation die von Roon begehrten 60000 Mann in
	        
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