Bismarck's Schreiben an den Großherzog von Oldenburg. 123
über die Execution dem Abschlusse entgegenführten, und sofort
der friedensselige Lord John Russell dringende Abmahnungen
nach Berlin und Wien richtete, übersandte Bismarck am 7. Juni
eine ausführliche Erörterung des Gegenstandes an den Groß-
herzog von Oldenburg. Die Verwerfung der Verträge von
1852 würde, schrieb er, in England den übelsten Eindruck
hervorbringen und diese Macht auf die dänische Seite hinüber
drängen; dasselbe sei von Frankreich anzunehmen, und auch
von Rußland wenigstens in dem Falle, wenn wir uns zugleich
von dem Londoner Protokolle über die Thronfolge lossagten.
Durch eine feindliche Haltung der Großmächte würde Deutsch-
lands Stellung für die Zukunft verschlimmert, was bei der
jetzigen Spannung der europäischen Lage doppelt bedenklich
wäre. Sodann aber stehe Osterreich unwandelbar fest auf
dem Rechtsboden von 1852, und für die Herzogthümer gebe
es nichts Wichtigeres als die ÜUbereinstimmung der beiden
deutschen Großmächte in der Frage. Beide aber seien durch
den Londoner Vertrag von 1852 gebunden; er könne also
den Großherzog nur auf das Dringendste ersuchen, die so
wesentliche Einstimmigkeit am Bunde nicht durch seinen Antrag
zu stören. Höchst wahrscheinlich komme Dänemark der jetzt
in Frankfurt zur Erwägung stehenden Aufforderung, das
Patent vom 30. März zurückzunehmen, nicht nach, da ein
solcher Gehorsam einen vollständigen Systemwechsel in Kopen-
hagen voraussetzen würde. Erfolge also dann die Execution, so
habe der Bund es immer in seiner Hand, die Bedingungen für
das Aufhören derselben festzusetzen; sollte aber Dänemark der
Execution bewaffneten Widerstand entgegenstellen, so wäre dies
das Allergünstigste für die deutsche Sache, da Dänemark hiemit
vor Europa die Rolle des rechtswidrigen Angreifers übernähme.