Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

8 Die alte Verfassung Schleswig-Holsteins. 
schlossenen Menschenschlag; die Westküste war größtes Theils 
von friesischen Gemeinden, das nördliche Drittel Schleswigs 
zwischen deutschen Städten von dänischen Bauerschaften besetzt. 
In diesen letztern war die Kirchen= und Schulsprache dänisch, 
die Geschäfts= und Gerichtssprache aber, wie in allen Theilen 
des Landes, deutsch. Sie, wie ihre Nachbarn, wußten es 
nicht anders, als daß sie Holsten seien, lasen nur deutsche 
Zeitungen, suchten ihre höhere Bildung auf der deutschen 
Universität Kiel, und hatten alle ihre Verkehrsverhältnisse im 
deutschen Süden. Andrerseits war in Holstein ein deutsches 
Nationalbewußtsein nur bei einer kleinen, litterarisch gebildeten 
Minderheit vorhanden, die Masse der Bevölkerung empfand 
sich mit patriotischer Genugthuung als einen Theil des ruhm- 
reichen Dänenstaats. In Summa, der innere Friede war an 
keiner Stelle gestört. 
Es kamen die Stürme der großen französischen Revolution 
und in deren Folge das Europa umwälzende Soldatenkaiser- 
thum des ersten Napoleon. In Kopenhagen herrschte damals 
der älteste Sohn des blödsinnigen Christian VII., anfangs 
als Kronprinz-Regent, dann als König Frederik VI. Ein 
Mann von geringer Bildung und mäßigen Geistesgaben, aber 
eifrig auf die Macht seines Staats und das Wohl seiner 
Unterthanen bedacht, nur daß er das letztere vor Allem in 
der Wegschaffung jeder Schranke sah, welche seinen guten 
Absichten Hindernisse in den Weg stellen könnte. An den 
monarchischen Absolutismus war er in Dänemark gewohnt; 
er erachtete es als einen Segen für die Herzogthümer selbst, 
wenn er auch dort seiner Herrscherthätigkeit gleich freie Bahn 
machte, und in der That brachte er vieles Gute und Nütz- 
liche zu Stande und gründete sich durch die Beseitigung der
	        
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