Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Stürmische Erregung in ganz Deutschland. 155 
müthige Ruf Schleswig-Holsteins geworden. Zu bewaffneter 
Erhebung kam es nicht; das Volk war ungerüstet und 
30000 Mann dänischer Truppen im Lande. Alle Blicke, 
alle Erwartungen waren auf Deutschland gerichtet. 
Im großen Vaterland aber hatte das populäre Gefühl 
seine Entschlüsse noch früher, noch rascher als die Herzog- 
thümer selbst gefaßt. Hier wußte man von Augustenburg 
weder Gutes noch Böses, als daß er 1848 für die nationale 
Sache gefochten, und daß damals die agnatische Erbfolge 
von Deutschland anerkannt worden sei. Der Eindruck seines 
unvermutheten Auftretens war jetzt um so größer, als er in 
dem Augenblick erfolgte, wo eben der neue, ärgste Vertrags- 
bruch der Eiderpartei die Spannung zwischen Deutschland 
und Dänemark zur Krisis führte, wo zugleich der plötzliche 
Tod König Frederik's die Hand der Nemesis den Völkern 
leibhaftig vor Augen zu stellen schien. Man habe es erlebt, 
hieß es in allen Organen der deutschen Volksstimme, daß bei 
jeder Form der Verbindung zwischen Dänemark und den 
Herzogthümern für die letztern weder Vertrag noch Grund- 
gesetz einen sicheren Rechtsschutz gewähre. Die einzige 
Rettung deutsches Rechts und deutscher Ehre liege in der 
völligen Abtrennung der Herzogthümer von dem dänischen 
Gesammtstaate, so daß in dieser Sache wie in keiner andern 
die Forderungen fürstlicher Legitimität, volksthümlicher Frei- 
heit und nationaler Würde unmittelbar zusammen fielen. Der 
Gedanke, daß es außer der Augustenburger Thronfolge viel- 
leicht noch andere Wege zum Sturze der Dänenherrschaft in 
Schleswig-Holstein gebe, existirte unter all den Millionen 
deutscher Männer nur bei Einem Menschen, und dieser Eine 
verschloß ihn einstweilen tief in seiner Brust. Sonst schien
	        
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