158 Erbstreit und Verfassungsfrage.
seits und spotteten über den Freiheitslärm, mit dem das
deutsche Volk sich zu den vorhandenen dreißig Kleinfürsten auf
Tod und Leben noch einen ein und dreißigsten anschaffen wollte.
Dem Grafen Rechberg hätte nicht leicht etwas Wider-
wärtigeres in der schwierigen Lage jener Zeit begegnen
können, als diese gemeinsame Erhebung der deutschen Fürsten
und Völker zu Gunsten Augustenburg's, dieses heftige Be-
gehren der Zerreißung der dänischen Integrität, diese schnöde
Verwerfung der alten österreichischen Tradition in dem deutsch-
dänischen Streite. Wic lange war es denn her, daß Franz
Joseph nach Frankfurt gezogen und durch die jubelnde
Huldigung der deutschen Fürsten erfreut worden war? Und
jetzt warfen ihm dieselben Fürsten die Forderung in das
Gesicht, allen wohlerwogenen Grundsätzen der Wiener
Politik zu entsagen und sich die deutsche Kaiserkrone durch
einen abenteuerlichen Kreuzzug an die fernen Ostseeküsten erst
zu verdienen. Und wie, wenn er ablehnte, und dann Preußen
sich an die Spitze der Bewegung setzte, dieses Preußen,
welches sich Rußlands vertrauter Freundschaft und Frank-
reichs schmeichelnder Freundlichkeit erfreute, dessen Minister
dem Grafen Rechberg aus den alten Kämpfen am Bundestag
besser als jedem Andern bekannt war, dessen König seit Jahren
über den dänischen Unfug und die deutsche Langmuth zürnte?
Wo wäre dann ein Ende des Unheils für Osterreich abzusehen?
Es war nur zu deutlich, daß Alles a#f Preußens Verhalten
in der so plötzlich hereingebrochenen Krisis ankam, und fort
und fort drängte Rechberg in Berlin um bundesfreundliche
Auskunft und Abrede über möglichst gleichmäßiges Vorgehen.
Bismarck, wie wir sahen, hatte niemals Eile zum Ein-
tritt in einen dänischen Krieg gehabt, und noch am 16. No-