Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

162 Erbstreit und Verfassungsfrage. 
über die Haltbarkeit seines bisherigen Standpunktes schleunige 
Aufklärung empfing. 
In Frankfurt wirbelten unter den Diplomaten des Bundes- 
tags die Meinungen und Anträge bunt durch einander, und 
mit jedem Tage wurde es deutlicher, daß die Neigung der 
großen Mehrheit entschieden nach der Augustenburger Seite 
ging. Die Zulassung des dänischen Gesandten wurde lebhaft 
bestritten, weil der Bund noch nicht über die Rechtmäßigkeit 
der Thronfolge Christian's IX. in Holstein befunden habe. 
Als nach einer früher erhaltenen Weisung die Gesandten der 
Großmächte, Kübeck und Sydow, den Fortgang des Execu- 
tionsverfahrens gegen Holstein und zugleich einen Protest des 
Bundes gegen die neue dänische Verfassung zur Sprache 
brachten, erklärte der bayerische Gesandte, Baron von der 
Pfordten, von zahlreichen Stimmen unterstützt, daß weder 
von Execution noch von Protest zur Zeit mehr die Rede 
sein könnte, denn man würde den König Christian durch die 
Execution als den rechtmäßigen Herzog von Holstein, durch 
den Protest als den rechtmäßigen Herzog von Schleswig an- 
erkennen: da die Erbfolge aber streitig sei, müsse der Bund 
nicht Execution, sondern militärische Occupation Holsteins 
verfügen, darauf den rechtmäßigen Herzog ermitteln und an- 
erkennen, und endlich diesem als Genossen des Bundes, wenn 
nöthig mit Heereskraft, den Besitz von Schleswig verschaffen. 
Von dem Londoner Protokoll könne bei dem Bundestage, 
der es niemals zu Gesicht bekommen, gar nicht die Rede sein. 
Bei der Stimmung der Gemüther in dem ganzen „dritten 
Deutschland“ war es unzweifelhaft, daß Osterreich allein 
nicht im Stande sein würde, Bundesbeschlüsse in dieser extra- 
vaganten Richtung, wie man in Wien sagte, zu verhindern,
	        
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